Ein Grüner sieht schwarz

■ Ein Wahlaufruf zugunsten der CDU sorgt vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg bei den Bündnisgrünen für Erheiterung

Stuttgart (taz) – Einer der prominentesten Grünen in Baden- Württemberg, der Stuttgarter Schauspieler und Regisseur Christoph Hofrichter, ruft dazu auf, bei den Landtagswahlen am 24. März die CDU zu wählen. In einer Anzeige, die in dieser Woche im Stuttgarter Wochenblatt veröffentlicht wird, empfiehlt der 49jährige Seriendarsteller („Der König von Bärenbach“) die Stimmabgabe für die Christdemokraten, damit die Kunst im Ländle wieder „von Fachleuten“ gemacht wird. Die Anzeige wird von der CDU bezahlt.

Christoph Hofrichter, der Mitglied in der Bundesarbeitsgruppe Kultur der Bündnisgrünen ist, liegt seit geraumer Zeit mit den baden- wüttembergischen Grünen über Kreuz. Ihre Kulturpolitik, so schrieb er jetzt an den CDU-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, Günther Oettinger, hätte „das Mittelmaß der Kultur zur Konsequenz“. Die Grünen hatten gefordert, daß in der Kultur „die Großen für die Kleinen sparen“ sollten und Kleinkunst mehr Subventionen als bisher erhalten müsse.

Hofrichter unterstützt statt dessen die Forderung des Christdemokraten Oettinger, für die großen Stuttgarter Bühnen des Schauspiels, des Balletts und der Oper einen Generalintendanten einzusetzen. Grünes Lob erntet auch der Stuttgarter Musical-Produzent Rolf Deyle („Miss Saigon“, „Cats“ etc.). Ihm gelänge es, schreibt Hofrichter, „Menschen in eine Musical-Halle zu führen, die sonst nie in ihrem Leben einen Theaterraum betreten hätten und um deren kulturelle Seelen-Ökologie sich grüne Kultursprecher doch sonst so bemühen wollen“.

Während der kulturpolitische Sprecher der Grünen, Michael Jacobi, das Engagement seines Parteifreundes für die CDU „mit Erheiterung zur Kenntnis“ nimmt, tobt ein ganz anderer: der SPD-Politiker und Buchautor Fred Breinersdorfer. In einem Brief an Hofrichter nennt er dessen „Anbiederung“ an Oettinger „dämlich“ und fragt: „Hast du dir überlegt, wie du jenen in die Hände spielst, die immer schon gemeint haben, zugunsten von Industriesubvention bei der Kultur kürzen zu können?“

Der Wahlaufruf für die CDU soll allerdings keine Folgen für Hofrichter haben. Jacobi findet: „So tolerant sind wir.“ Philipp Maußhardt