Protest gegen Dumping-Baukolonnen

■ Bauarbeiter-Mahnwache und Demo für Mindestlöhne auf dem Bau

Die Bauarbeiter am Teerhof werden sich wundern, wenn sie heute Frühstückspause machen: Vor der Baustelle der Firma Bilfinger und Berger an der Ecke Herrlichkeit/Teerhof werden heute morgen einige Kollegen von der Gewerkschaft Mahnwache halten. Der Grund: Auf der Baustelle arbeiten fast ausschließlich Billig-Kolonnen aus Osteuropa, und die Gewerkschaften fürchten um die Tarife und die Arbeitsplätze für die deutschen Kollegen.

Heute findet in Frankfurt schon die vierte Verhandlungsrunde zwischen den Bau-Arbeitgebern und der Gewerkschaft um die Ausgestaltung des „Entsendungsgesetzes“ statt. Damit sollte die Arbeit von ausländischen Arbeitskolonnen geregelt werden. Nur den Haupt-Streitpunkt des Gesetzes hat Bonn den Tarifparteien überlassen. Das ist die Frage des Mindestlohns. Und es sieht überhaupt nicht nach einer Einigung aus. Deshalb hat die Bau-Gewerkschaft in Bremen neben der Mahnwache schon mal vorsorglich für den Freitag zu einer Demo aufgerufen.

Den Gewerkschaften pressierts. Immer mehr billige Baukolonnen drücken vor allem aus Osteuropa auf die Tarife, immer mehr deutsche Bauarbeiter werden durch billigere polnische oder tschechische Kollegen ersetzt, erzählt Wolfgang Jägers, Chef der Bremer Bau-Gewerkschaft. Der Bau am Teerhof sei da ein Paradebeispiel: „Da sind bis auf einen Polier mittlerweile alle deutschen Kollegen weg. Ansonsten arbeiten dort nur noch Männer aus Ex-Jugoslawien.“ In Bremen kein Einzelfall. „Am Flughafen arbeiten tschechische Stahlbauer für acht Mark die Stunde.“ Jägers erzählt von Baustellen, auf denen polnische Maurer für sechs bis acht Mark Stundenlohn schuften, während ein deutscher Facharbeiter laut Tarif 24,48 pro Stunde auf die Hand bekommt. „Und die Tschechen, Bulgaren oder Rumänen machen es noch billiger.“ In Europa habe sich eine gigantische Bauarbeiter-Völkerwanderung in Marsch gesetzt. Die polnischen Maurer, die jetzt in Deutschland arbeiten, werden in ihrer Heimat durch Rumänen ersetzt, die dort für zwei Mark die Stunde malochen.

In den Tarif-Verhandlungen hakt es nun gleich an zwei Stellen. Bei der Frage nach der Höhe des Mindestlohns und wann und wie er in Kraft treten soll. Die Arbeitgeber wollen 15 Mark pro Stunde durchsetzen – für die Gewerkschaften unakzeptabel niedrig. Die Gewerkschaften wollen, daß der Mindestlohn sofort und auf allen Baustellen Gültigkeit hat. Die Arbeitgeberseite aber will eine Übergangsregelung, nach der bereits geschlossene Arbeitsverträge nicht vom Mindestlohn betroffen wären. Jägers: „Dann kann man den ganzen Vertrag vergessen. Rückdatieren kann man immer.“ J.G.