Bezirke sollen Gebäude verkaufen

Regierung legt Parlament Liste mit rund 2.000 Sparvorschlägen vor. SPD drängt auf weniger Belastungen für Bezirke. Grüne sprechen von „in Zahlen gegossener Unfähigkeit der Regierung“  ■ Von Dirk Wildt

Die SPD will den Bezirken mehr Freiräume zugestehen, um die Finanzkrise besser zu bewältigen. Wie der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Klaus Wowereit, gestern auf Anfrage sagte, müßten die 23 Bezirke jenes Recht erhalten, das für die Landesregierung selbstverständlich sei: Grundstücke und Gebäude zu verkaufen. Denn dadurch, daß die Bezirke dieses Jahr eine Milliarde Mark sparen sollen, sei die Belastung für ihre Etats „sehr hoch“. Veräußerungen könnten den Sparvorgaben die Härte nehmen.

Die Haushaltsexperten und Fraktionsspitzen von SPD und CDU berieten gestern über diese Frage, ohne jedoch bis zum späten Nachmittag zu einer Lösung zu kommen, berichtete Wowereit. In der Sitzung, die bereits um 10 Uhr morgens begann, gingen beide Fraktionen den 80seitigen Senatsentwurf des Nachtragshaushalts durch, der rund 2.000 Sparvorschläge enthält, über die das Parlament am Donnerstag erstmals offiziell berät. Mit dem Nachtragshaushalt will der Senat das aktuelle Haushaltsloch von 5,3 Milliarden Mark sowohl mit Hilfe von Ausgabenkürzungen wie auch mit Einnahmeerhöhungen stopfen.

In dem Entwurf ist beispielsweise festgehalten, daß die Zuschüsse an die Berlin-Informationen von den geplanten 6,2 Millionen Mark auf 4,5 Millionen Mark gekürzt und der Regierende Bürgermeister für Empfänge sowie Feiern mit nur noch 4 Millionen Mark rund ein Viertel weniger ausgeben darf als bisher. Der Verfassungsschutz muß für seine Fahrzeuge nun mit 168.000 Mark statt 210.000 Mark auskommen, sofern das Parlament den Regierungsvorschlägen unverändert zustimmt. Die Polizei soll bei Ordnungswidrigkeiten ein Fünftel mehr einnehmen: 110 Millionen Mark. Der Justizvollzug soll auf den Neubau eines Männergefängnisses in Pankow verzichten (10 Millionen Mark). Oder etwa das Oberstufenzentrum Gesundheit II in der Ruschestraße soll nicht mehr gebaut werden (13 Millionen Mark).

Die Grünen und die PDS kritisierten, daß ihnen die Sparliste nicht wie zwischen Koalition und Opposition vereinbart am Donnerstag letzter Woche, sondern erst gestern zugestellt wurde. „Eine vernünftige Beratung ist kaum noch vorstellbar“, sagte Arnold Krause, haushaltspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen. Über den Abbau von 7.000 Stellen in diesem Jahr könne sogar gar nicht beraten werden, weil die Innenverwaltung seiner Fraktion bislang nur Zahlen mitgeteilt habe, den Band mit den Begründungen aber vorenthalte. Darüber hinaus ist in dem Nachtragshaushalt nicht aufgeführt, wo jene 2,3 Milliarden Mark „pauschale Minderausgaben“ eingespart werden. Der Entwurf sei „die in Zahlen gegossene Unfähigkeit des Senats“.

Die Bildungsexpertin der Grünen, Sybille Volkholz, empörte sich, weil die Koalition unter anderem Eltern die Wahl nehmen wolle, ihr schwerbehindertes Kind entweder auf eine Grund- oder auf eine Sonderschule zu schicken.