Nach der Kommunalwahl: Jubel bei CSU und „Alzheimer“, Tristesse bei SPD und Grünen

„Wir sind eine Großstadt- und eine Dorfpartei in einem, das macht uns keiner nach.“ Das Ergebnis der bayerischen Kommunalwahlen hat die Erwartungen von CSU-Parteichef Theo Waigel noch übertroffen. Die Schwarzen haben die Rathäuser der Städte Erlangen, Regensburg und Kempten zurückerobert, Kempten mit einer hauchdünnen Mehrheit von drei Stimmen.

Anderenorts hat die CSU ihre Mehrheit gefestigt und wie beispielsweise in Schweinfurt gar um 11 Prozent zugelegt. In München und Nürnberg sind sie stärkste Partei geworden und haben damit den amtierenden rot-grünen Koalitionen schwere Niederlagen zugefügt. „Von Nordrhein-Westfalen bis München zeigt es sich, daß Rot-Grün als Modell nicht taugt“, strahlte Waigel. In Nürnberg und in Fürth zwangen CSU-Kandidaten die amtierenden SPD-Oberbürgermeister in die Stichwahl am 24. März.

Die Sozialdemokraten haben wenig Grund zum Jubeln. In Augsburg wenigstens muß sich der langjährige CSU-OB in zwei Wochen erneut dem Wählervotum stellen. Im jahrzehntelang tiefschwarzen Passau konnte Willi Schmöller (SPD) seinen Erfolg von 1990 wiederholen, so legte die SPD im Stadtrat um 5,1 Prozent zu.

Auch in Ansbach, Schwabach, Straubing und in den oberfränkischen Städten besetzen Sozialdemokraten die Bürgermeistersessel. Ihre fünf Landratssitze konnte die SPD ebenfalls halten. Die schweren Niederlagen in Regensburg und Erlangen sowie das Debakel in Nürnberg sorgten jedoch für lange Gesichter. SPD-Chefin Renate Schmidt beeilte sich zu betonen, daß sie in den bayerischen Ergebnissen „keinen Trend gegen die SPD“ sehe. Sie verwies auf die niedrige Wahlbeteiligung von landesweit 68,8 Prozent und nur 59,2 Prozent in den Großstädten. Bei Bündnis 90/Die Grünen, vor sechs Jahren noch im Schnitt bei 6,5 Prozent, gibt es keinen einheitlichen Trend.

In München und Nürnberg mußten sie sich, entgegen den ihnen von renommierten Meinungsforschungsinstituten prophezeihten zweistelligen Prozentzahlen, mit mageren 7,7 und 6,2 Prozent begnügen. In anderen Städten legten sie kräftig zu und konnten in Passau (11,0), Würzburg (12,6) oder Bamberg (16,3) ihren Stimmenanteil nahezu verdoppeln.

Ihr bislang einziger und nebenberuflicher Bürgermeister, Franz Petschel aus Hausen, erreichte trotz des publicityträchtigen Besuchs des Mafiajägers Orlando im Niederbayerischen nicht einmal die Stichwahl. Dafür hat Sepp Daxenberger in Waging gute Aussichten, erster hauptamtlicher Bürgermeister der Grünen zu werden. Mit 47 Prozent geht er in die Stichwahl.

Die rechtsextremen „Republikaner“, von vielen aufgrund ihrer parteiinternen Querelen völlig abgeschrieben, sitzen in den meisten Stadtparlamenten. In Würzburg, Fürth, Bayreuth, Ingolstadt und Schweinfurt kamen sie sogar über fünf Prozent. Den Erfolg von 1990 mit 248 gewonnenen Mandaten konnten sie aber nicht wiederholen.

Aufgrund des komplizierten bayerischen Kummunalwahlmodusses ist jedoch mit einem amtlichen Endergebnis nicht vor Mitte der Woche zu rechnen. Mit ziemlicher Sicherheit steht aber fest, daß die „Liste Alzheimer“ künftig im Regensburger Rathaus vertreten ist. Nach Auszählung eines Zehntels der Stimmbezirke sind die Politclowns mit fünf Prozent viertstärkste Kraft in der Domstadt. Ihr Wahlslogan steht für die gesamten Kommunalwahlen: „Vergessen wir, was wird.“

Bernd Siegler