Sanssouci: Vorschlag
■ Schnäppchen, Leute! Echte Designermöbel zum halben Preis in den Kreuzberger Katakomben
„Besser in Schönheit leben als in Schönheit sterben!“ – Andrea Harre, Geschäftsleiterin des „Schneller Wohnen“-Ablegers in den Katakomben am Kreuzbergpark, sieht das Ende der Designermöbel-Ära ganz pragmatisch.
Dabei war das Verkaufskonzept eigentlich recht vielversprechend. Nur sieben Prozent der Ware stammt vom „normalen“ Möbelmarkt, der Rest wird von exklusiven internationalen Designerfirmen und deutschen Jungdesignern bestritten. Viele Stücke sind zugegebenermaßen nicht immer praktisch und wohngerecht gestaltet, so doch wenigstens interessant und hübsch anzuschauen. Wie zum Beispiel der Rosensessel einer japanischen Firma, dessen Sitzfläche aus in blutrotem Samt gearbeiteten Blütenblättern besteht. Man thront auf dem Stück nicht einmal unbequem, das Sitzgefühl ist vielmehr vergleichbar einem Stuhl, auf dessen Sitzfläche die Schmutzwäsche einer ganzen Woche endlagert. Auch die recht bizarren Metallobjekte, darunter ein Regal und ein Zimmerspringbrunnen eines Berliner Designers, fallen eher in die Kategorie Kunst.
„Es ging uns bei unserem Projekt in erster Linie darum, einen Lebensraum für die Möbel und Kunst zu schaffen“, erklärt die Innenarchitektin Harre das Programm. Etwa alle zwei Monate wurden verschiedene Parties und Events mit jungen bildenden Künstlern und Nachwuchsdesignern veranstaltet, die das Mobiliar in einer entsprechenden Atmosphäre präsentierten. Die Möbelschauen in den Katakomben erhielten somit in erster Linie einen Museumscharakter – was Andrea Harre allerdings ein wenig bedauert. Die Leute kamen bloß, um zu gucken, „und kein Schwein hat etwas gekauft!“ Dabei ist wohl überflüssig zu erwähnen, daß sich eher jüngere Leute in die Keller der Katakombe verirrten, Leute, deren pekuniäre Lage es kaum erlaubt, mal so eben nebenbei 7.000 Mark für eine Couch auszugeben. Das Fazit nach nunmehr fast sechsjähriger Pionierarbeit in Sachen Designermobiliar in Berlin: Es lohnt sich einfach nicht.
Kunst im Bau: Katakomben Foto: Veranstalter
Harre und ihr Mitarbeiter Jens Witzel machen nicht nur die Rezession für die Marktflaute verantwortlich. Sie glauben vielmehr fest daran, daß sich ihre avantgardistischen Wohnkonzepte in Städten wie Hamburg oder Düsseldorf weit besser durchsetzen würden. Und das nicht nur, weil dort die finanzstärkeren Käufer wohnen. Es läßt sich ja rundweg nicht leugnen, daß der Berliner als solcher den guten Geschmack nicht gerade gepachtet hat.
Doch in den nächsten vier Wochen haben wir die einmalige Möglichkeit, unser schlechtes Image ein wenig aufzupolieren. Die Katakombencrew veranstaltet ab sofort einen Räumungsverkauf, bei dem die meisten Stücke bis zu 50 Prozent ermäßigt werden. Nebenbei bemerkt, glaubte auch ich mich bislang gegen extravagantes Mobiliar weitgehend immun – bis ich in diesen Kellerräumen plötzlich einem Traum von einem Sofa gegenüberstand! Und der schlappe Betrag von nunmehr 3.000 Mark müßte sich doch irgendwie auftreiben lassen... Kirsten Niemann
Katakomben, Monumentenstraße 24, Kreuzberg
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