"Wir sind ein bißle anders"

■ Fritz Kuhn, Fraktionschef der Grünen in Stuttgart, über präzise Koalitionsverträge

taz: Vor kurzem haben Sie gesagt, sie hätten einem Koalitionsvertrag, wie ihn die Grünen mit der SPD in Nordrhein-Westfalen abgeschlossen haben, nie zugestimmt. Warum?

Fritz Kuhn: Wir würden mit der SPD den Koalitionsvertrag viel präziser aushandeln, so daß man sicher sein kann, die fünf Jahre zu überstehen, und nicht bei jedem Streitpunkt einen medienwirksamen Knatsch bekommt. Der Vertrag in Düsseldorf ist in vielen Punkten widersprüchlich. Wenn man dann noch aus kleinen Punkten öffentlich gleich die Koalitionsfrage stellt, tappt man natürlich in die Falle.

Schadet die Koalitionskrise in Düsseldorf den Grünen in Baden- Württemberg?

Im Wahlkampf fragen mich jetzt die Leute sorgenvoll: Ist das hier denn genauso mit Rot-Grün? Ich sage dann immer: Wir sind ein bißle anders.

Ob beim Ausbau der Regionalflughäfen oder beim Atomkraftwerk Obrigheim – Grüne und SPD liegen hier meilenweit in ihren Vorstellungen auseinander.

Die SPD in Baden-Württemberg ist nicht so knallharter roter Beton wie in Nordrhein-Westfalen. Wir wollen die Energiewende, wir wollen Energie einsparen, wir wollen die Photovoltaik fördern. All das muß in einem Koalitionsvertrag festgehalten werden. Aber wir formulieren damit keine „Knackpunkte“. Wer wie die Grünen in Düsseldorf mit „Knackpunkten“ in Koalitionsverhandungen geht, kommt mit Niederlagen wieder raus.

Was geht mit der SPD, wo wird es schwierig?

Die größten Übereinstimmungen zwischen uns und der SPD liegen in der Bildungspolitik und bei der Verwaltungsreform. Anders sieht es in der Energiepolitik aus: Ohne Energiewende wird es mit uns nicht gehen. Wir haben sehr bedauert, daß der SPD-Umweltminister Harald Schäfer die Genehmigung für das Atomkraftwerk Obrigheim erst richtig ermöglicht hat. Allerdings ist klar, in Obrigheim kann man nicht aussteigen per politischen Beschluß, sondern nur, wenn technisch oder rechtlich dem Kraftwerk Mängel nachgewiesen werden können. Nach meiner Auffassung aber hat genau das der Untersuchungsausschuß ergeben. Interview: Philipp Maußhardt