Schon die Namensgebung hat Symbolwert: Der heutige "Anti-Terror-Gipfel" heißt jetzt "Gipfel der Friedensstifter". Er soll Peres wie Arafat den Rücken stärken - und den islamischen Terrorismus verurteilen. Islamische Staaten reagieren gelass

Schon die Namensgebung hat Symbolwert: Der heutige „Anti-Terror-Gipfel“ heißt jetzt „Gipfel der Friedensstifter“. Er soll Peres wie Arafat den Rücken stärken – und den islamischen Terrorismus verurteilen. Islamische Staaten reagieren gelassen.

Symboltreff zum Terror

Gipfeltreffen sind meist symbolische Veranstaltungen. Der heutige „Gipfel der Friedensstifter“, ursprünglich griffig „Anti-Terror-Gipfel“ genannt, im ägyptischen Badeort Scharm al- Scheich, macht da keine Ausnahme. Doch symbolische Handlungen können manchmal politischen Handlungsspielraum (wieder)eröffnen. Das erhofft sich die Clinton-Administration, die das Treffen in Reaktion auf die jüngste Serie von Bombenanschlägen palästinensischer Terroristen in Israel initiiert hat.

Es ist der Versuch der US-Regierung, den wichtigsten Protagonisten des Friedensprozesses in Israel den Rücken gegen wachsende Kritik aus deren eigenen Lagern zu stärken – und zu verhindern, daß aus der Unterbrechung der Verhandlungen zwischen Israel und Syrien über einen Friedensvertrag ein Abbruch der Gespräche wird.

„Im Nahen Osten bewegen sich die Dinge schnell rückwärts, wenn man sie nicht ständig vorwärts treibt“, erklärte US-Außenminister Warren Christopher. „Deswegen wollen wir diese Phase der Unterbrechung so kurz wie möglich halten.“

Am meisten, so hofft man in Washington, wird Israels Premierminister Schimon Peres von dem Zusammentreffen mit den Regierungs- und Staatschefs der USA, Ägyptens, Jordaniens, mehrerer Golfstaaten sowie Mitgliedsländern der Europäischen Union profitieren. Denn Peres' Chancen, die Wahlen am 29. Mai gegen den Chef der Likud-Partei und erklärten Gegner einer Aussöhnung mit der PLO, Benjamin Netanyahu, zu gewinnen, sind nach den Bombenanschlägen rapide gesunken. „Ein Foto der Anti-Terror-Konferenz wiegt tausend Wahlkampfanzeigen auf“, kommentierte ein Minister der herrschenden Arbeitspartei zynisch gegenüber der britischen Zeitung The Independent. Ein Argument, das auch für Clinton gilt.

Ebenso will Washington Yassir Arafat ein wenig Luft und Reputation verschaffen – wohl wissend, daß die Position des PLO-Chefs und Vorsitzenden der Autonomie- Regierung von zwei Seiten aus gefährdet ist: Palästinenser machen ihn für Strafaktionen Israels mitverantwortlich, während Israel wiederum von ihm die Zerschlagung der fundamentalistischen Hamas-Bewegung fordert.

Der für Syrien reservierte Stuhl in Scharm al-Scheich bleibt jedoch leer. Eine entsprechende Einladung wies Syriens Staatschef Hafis al-Assad zurück. Sein Außenminister Farouk Sharaa schlug statt dessen in einem Brief an seine US- amerikanischen und russischen Amtskollegen, Warren Christopher und Jewgeni Primakow, vor, die Teilnehmer der Friedensverhandlungen von Madrid im Jahre 1991 erneut zusammenzuholen, um die „tiefe Krise“ im Nahen Osten zu lösen.

Israel hatte die in den USA stattfindenden Friedensverhandlungen mit Syrien nach den Bombenanschlägen vorerst unterbrochen, weil das Assad-Regime seit Jahren Hamas-Gruppen unterstützt und deren Büros in Damaskus operieren läßt. In Washington interpretiert man den Alternativvorschlag allerdings als diplomatisches Manöver, um sich einerseits in Scharm al-Scheich nicht auf die Anklagebank verweisen zu lassen, andererseits jedoch zu signalisieren, daß man weiterhin an Verhandlungen mit Israel interessiert ist. – Soviel realpolitische Gutwilligkeit legen die USA im Fall eines weiteren Hauptakteurs in der Region nicht an den Tag.

Genau wie Syrien steht auch die Islamische Republik Iran auf der US-Liste jener sieben Staaten, die den Terrorismus unterstützen. Nach den jüngsten Anschlägen in Israel hat die US-Administration die Machthaber in Teheran als Hauptunterstützer von Hamas ausgemacht – freilich ohne konkrete Beweise vorzulegen.

Die Kampagne der USA und auch Israels gegen die Islamische Republik datiert allerdings nicht erst vom März 1996. Bereits im Sommer vergangenen Jahres haben die USA einen Handelsboykott gegen den Iran verhängt, dem sich die EU-Staaten trotz mehrfacher Aufforderungen nicht angeschlossen haben. Neben der Frage der Unterstützung des internationalen Terrorismus spielt bei den Sanktionen auch die Angst eine Rolle, Teheran könne sich Atomwaffen beschaffen. Derzeit geht die US-Administration zudem Berichten nach, denen zufolge Iran mit Hilfe Chinas eine Chemiewaffenproduktion aufbauen soll.

Die EU-Staaten – allen voran der deutsche Außenminister Klaus Kinkel – halten bisher an ihrer Linie eines „kritischen Dialogs“ mit Iran fest und haben daher erneut die Kritik der USA auf sich gezogen. Wie kritisch die europäischen Länder ihren Dialog mit Iran auch führen mögen – an der handfesten iranischen Rückendeckung für die Hamas habe sich nichts geändert, hieß es im Vorfeld des Gipfels in Washington.

Für die Bonner Regierung, die in Scharm al-Scheich durch Bundeskanzler Helmut Kohl repräsentiert wird, ist der Gipfel denn auch in erster Linie Anlaß, ihre Unterstützung für den Friedensprozeß im Nahen Osten zum Ausdruck zu bringen. Der umstrittene Dialog mit dem Iran soll fortgesetzt werden. Andrea Böhm/Beate Seel