Spitzen-Geplauder in Bremerhaven

■ Ministerpräsidenten der Küstenländer tagten kurz und ergebnislos / Hoffnungen auf Vergleich „nicht allzu hoch“

Er hoffe, „daß die Ministerpräsidenten nicht nur plaudern hier“, rief der Vulkan-Konzernbetriebsrats-Chef Kalli Schönberger gestern Mittag ins Mikrophon. Ca. 4000 Arbeiter waren zum Hoten Strandhalle in Bremerhaven gekommen, weil hier die Ministerpräsidenten der Küstenländer auf Drängen Bremens endlich zu einer gemeinsamen Beratung zusammengekommen waren. Aber den Gewerkschaftern davor schwante schon, daß sie ihre Basis zum falschen Termin mobilisiert hatten: „Öfter und größer als hier“ werde man demonstrieren müssen, erklärte Schönberger.

Der dürftige Protokoll-Entwurf hatte schon am Tage zuvor der der Welt vorgelegen. Mehr als ein Appell steht nicht darin. Die Ministerpräsidenten änderten die unverbindlichen Formeln nur stilistisch: Wo im Entwurf noch stand, daß alle „ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten“ müßten, korrigierten die Ministerpräsidenten, alle müßten „ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise beitragen“. Schon nach anderthalb Stunden anstatt wie angekündigt nach zwei Stunden traten sie zum Gruppenfoto vor die Presse – offenbar hatten sie sich nach dem Bericht der Wirtschaftsprüfer wenig zu sagen.

Vorher hatten die Vergleichsverwalter den Beratungssaal verlassen. Es gebe noch kein Ergebnis in den Verhandlungen mit dem Reeder Costa, mußte Jobst Wellensiek einräumen, er hoffe, daß die Arbeit an der Costa dann in der nächsten Wochen weitergehen könne, „wenn wir mit dem Herrn Costa klarkommen“. Im Klartext: Noch immer ist nicht gesichert, daß die Costa I überhaupt bezahlt wird. Der Reeder hatte darauf insistiert, daß er einen Vertrag über zwei Schiffe hat. Die Fertigstellung der Costa II aber steht in den Sternen.

Nach Wellensieks Aussage ist die Liquidität für die kommenden Wochen gesichert. Seine Hoffnung, daß es wirklich zu einem Vergleich kommt und der Konkurs vermieden werden kann, ist allerdings „nicht allzu hoch“.

Klar ist nach den Worten des Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, Bernd Seite, daß die Ost-Werften aus dem Verbund herausgelöst werden müssen. Anders, so deutete Seite an, gebe es keine Chance, daß eine staatliche Ersatz-Zahlung für die in den Westen transferierten Investitions-Millionen die Zustimmung der EU finden könnte. Eine Verselbständigung stehe einer späteren Kooperation dort, so es sinnvoll ist, dabei nicht entgegen.

Was aus den West-Unternehmen des Verbundes wird, ist nach wie vor vollkommen offen. Wenn die akuten Probleme gelöst sind, so kündigte Wellensiek an, werde eine „Arbeitsgruppe“ gebildet, „die ihre Zeit benötigt“, um neue Konzeptionen zu entwickeln.

Der IG Metall-Bevollmächtigte Manfred Muster eröffnete den demonstrierenden Arbeitern, daß die IG Metall „im Falle des Anschlußkonkurses“ möglicherweise auch Konzepten zustimmen müsse, die Arbeitsplätze kosten, wenn es „Weiterführungskonzepte für die Standorte“ nur unter dieser Bedingung gebe. Der Betriebsrat der Seebeck-Werft, Holger Pflaumbaum, berichtete, daß mit dem Werft-Chef Hennemann schon 1993 heftige Konflikte ausgetragen worden seien. Dessen „Investitionsverweigerung“ habe den Standort akut gefährdet. Der neue Vorstands-Vorsitzende Udo Wagner habe Mitte Februar in einem ersten internen Papier die Schließung der beiden Bremerhavener Standorte Seebeck und Lloyd und die Halbierung des Vegesacker Schiffbau-Betriebes vorgeschlagen. Dieses Konzept, so Pflaumbaum am Rande der Kundgebung, stamme noch aus der Hennemann-Ära. Etwas eigenes habe man von dem neuen Konzern-Chef noch nicht gehört. K.W.