Alles offen nach „Super Dole Day“

■ Dole gewinnt überall. Steve Forbes gibt auf, nur Buchanan nicht. Jetzt kommt der richtige Wahlkampf – gegen Clinton

Washington (taz) – „Super Tuesday“ wurde zum „Super Dole Day“. Nach einem miserablen Start gewann Bob Dole am Dienstag klar die republikanischen Vorwahlen in Texas, Oklahoma, Florida, Mississippi, Tennessee und Oregon sowie in Louisiana, wo nach der Vorwahl im Februar noch neun übriggebliebene Delegiertenstimmen zu vergeben waren. Damit hat Dole schon über 700 der 996 Delegiertenstimmen, die er zur Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Partei benötigt.

Der Multimillionär Steve Forbes, der sich letzte Woche noch die Unterstützung des prominentesten Vertreters der angebotsorientierten Ökonomie unter den Republikanern, Jack Kemp, versichern konnte, schnitt enttäuschend ab und erklärte danach, das Ende seines Wahlkampfes sei in Sicht. Der Rechte Pat Buchanan hingegen, der auch am „Super Tuesday“ durchschnittlich 20 bis 25 Prozent der Stimmen in den einzelnen Bundesstaaten bekam, schwor mit seiner typischen Underdog-Theatralik: „Wir machen weiter, bis die Hölle gefriert – und dann kämpfen wir auf dem Eis. Leute, bringt eure Schlittschuhe nach San Diego.“ Dort findet im August der Parteitag und die offizielle Nominierung Doles statt. Dank seiner Erfolge im Vorwahlkampf kann Buchanan dort nicht nur Forderungen wie zum Beispiel die radikale Ablehnung des Rechts auf Abtreibung einbringen, sondern auch Redezeit verlangen – zur besten Sendezeit. Spätestens dann dürften Doles Wahlkampfstrategen wieder ins Schwitzen geraten.

Und wenn doch noch Ross Perot in den Ring steigt...

Dole verdankt seine Erfolge vor allem einem enormen Kraftakt des Partei-Establishments, gegen das Buchanan eifrig zu Felde zieht. So gelang ihm der psychologisch entscheidende Sieg in South Carolina am 2. März dank der guten Organisation des Parteiapparates unter dem republikanischen Gouverneur. Auch der große Erfolg am letzten Donnerstag in New York beruhte vor allem auf den Verfahrenstricks der dortigen Parteiführung, die versuchten, die Namen von Doles Konkurrenten so wenig wie möglich auf den Wahllisten auftauchen zu lassen.

Mit solchen Methoden wird ein Sieg gegen Bill Clinton im November nicht zu erzielen sein. Doch nicht nur Doles Reputation als „schlechtester Wahlkämpfer der Menschheitsgeschichte“ (New York Times) bereitet seinem Wahlkampfteam Sorgen. Zunehmend wird spekuliert, daß der nächste Dole-feindliche Millionär und Populist bereits in den Startlöchern steht: Ross Perot. „Er würde vielleicht keine 19 Prozent gewinnen wie 1992“, erklärt Ex-Parteivorsitzender Frank Fahrenkopf. „Aber wenn er uns neun oder zehn Prozent klaut, sinken unsere Chancen schon deutlich.“

Auch im Wahlkampfteam von Bill Clinton gibt sich keiner übermütig oder gar siegessicher. Ein moderater Kandidat Dole könnte Clinton sein bislang wirksamstes Wahlkampfargument rauben, wonach nur er das Land vor den Extremisten im Kongreß bewahren könne. Darüber hinaus kann auch Clinton keineswegs auf eine homogene Parteibasis bauen. Die afro- amerikanische Lobby um Jesse Jackson hält sich auf Distanz, und von seiten der Gewerkschaften wächst der Druck, mehr für Arbeitnehmerrechte und Lohnzuwachs zu tun, was wiederum den Widerstand des „Wall-Street-Flügels“ um Finanzminister Robert Rubin provoziert. Man solle sich auf einen „langen, langen Wahlkampf“ einstellen, erklärte ein ungenannter Clinton-Berater der New York Times: „Da kann den Dole-Leuten eine Menge passieren – und uns.“ Andrea Böhm