NRW: Die grünen Koalitionsgegner formieren sich

■ Grüne Basis legt Parteitagsantrag zur Beendigung der rot-grünen Koalition vor

Düsseldorf (taz) – Die nordrhein-westfälischen Grünen sind über ihren politischen Kurs tief gespalten. Das wurde gestern bei der Landtagsdebatte über den Wirtschafts- und Verkehrshaushalt ebenso deutlich wie aus den Reaktionen von der Parteibasis. Für den am Wochenende stattfindenden Parteitag liegt inzwischen ein Antrag der Kreisverbände aus Bochum, Dortmund, Köln, Rhein- Berg und Rhein-Sieg vor, in dem die Delegierten aufgefordert werden, die Koalition mit der SPD „für beendet“ zu erklären. Die SPD habe sich als „nicht vertragstreu und damit nicht koalitionsfähig“ erwiesen. Statt eine Verkehrswende einzuleiten, stünden die Grünen inzwischen als „Mehrheitsbeschaffer einer rot-schwarzen Verkehrspolitik“ da.

Für die Fortsetzung des Bündnisses sprachen sich dagegen der grüne Landesvorstand und die Kreisverbände in Münster, Aachen, Leverkusen, Oberhausen und Wuppertal aus. Auch die Regionalversammlungen in Ostwestfalen und im Münsterland wollen die Koalition trotz der „Niederlage“ beim Dortmunder Flughafenausbau fortführen, weil der Gesamthaushalt, so die Bielefelder Grünen, „eindeutig eine grüne Handschrift“ trage. Nach diesen Voten scheint die Entscheidung am Wochenende ziemlich offen.

Mehrheit stimmt für Clements Haushalt

Im Landtag stimmte die Mehrheit der Fraktion gestern dem Haushalt des sozialdemokratischen Wirtschaftsministers Wolfgang Clement zu. Darin sind 20 Millionen Mark für den Dortmunder Flughafenausbau vorgesehen. 11 der 24 Fraktionsmitglieder hatten schon während der Debatte angekündigt, sich zu enthalten. Ihr Wortführer, der Fraktionsgeschäftsführer Manfred Busch, hielt dabei eine Rede, die in weiten Teilen wie eine Abschiedsrede vom Düsseldorfer Bündnis klang. Es fehlte nur noch das offene Bekenntnis zum Bruch. Doch davor schreckte Busch zurück. Statt dessen sprach er davon, die Grünen würden weiter „über alle Verkehrsprojekte mit der SPD verhandeln“. Tatsächlich besteht diese Möglichkeit in bezug auf den Dortmunder Flughafen nicht mehr. Daran ließen Clement gestern keinen Zweifel. Wenn die Grünen dem Haushalt bei der entscheidenden dritten Lesung in der nächsten Woche nicht zustimmen, ist die Koalition auch nach Einschätzung der grünen Fraktionsmehrheit zu Ende.

Die Fraktionsminderheit will einen Antrag für den Parteitag präsentieren, in dem die Zustimmung zum Landeshaushalt 1996 „empfohlen“ wird, um „den erforderlichen Spielraum für weitere Verhandlungen zu eröffnen“. Offenbar fürchten die AntragstellerInnen bei einem sofortigen Ausstieg Argumentationsnöte, denn „noch verbinden sich mit Rot-Grün in NRW Hoffnungen auf Reformen, die wir nicht enttäuschen wollen“. Die Grünen dürften „nicht diejenigen sein, die die Koalition beenden, ohne daß alle Möglichkeiten zur Kompromißfindung ausgeschöpft wurden“. Walter Jakobs