Homos segnen, und zwar öffentlich

■ Hamburger Aidspastor Rainer Jarchow greift Kirchenpapier an

Der seit zwei Jahren in Hamburg amtierende erste deutsche Seelsorger für HIV-Infizierte und Aidskranke, Rainer Jarchow, hat das EKD-Papier zu homosexuellen Lebensgemeinschaften als „von Angst vor Mißverständnissen geprägt“ bezeichnet. Der Geistliche sagte am Freitag im dpa-Gespräch: „Das Papier ist streckenweise gekennzeichnet von Gedanken- und Wortakrobatik. Vor allem die Forderung, Segnungen homosexueller Lebensgemeinschaften nicht öffentlich in Gottesdiensten, sondern nur im intimen seelsorgerischen Rahmen zu vollziehen, halte ich für unwürdig.“ Jarchow, der erst im Januar ein schwules Paar während eines Gottesdienstes gesegnet hatte, betonte: „Ich will keine Formen, sondern Menschen segnen – und das öffentlich.“

Das Beste an dem 36seitigen Papier „Mit Spannungen leben“ sei „die Überschrift“, sagte Jarchow. „Allerdings sollte dabei klar sein, daß alle Menschen mit Spannungen leben müssen, nicht nur eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe.“ In der bundesweiten Vereinigung „Homosexuelle und Kirche“ sei das Papier der Evangelischen Kirche in Deutschland mit Entsetzen aufgenommen worden. „Diejenigen, die für Schwule und Lesben eintreten und gegen Diskriminierung kämpfen, fühlen sich dadurch eher diskriminiert. Manche hingegen mögen einen qualitativ neuen Schritt der Kirche erkennen, der Freiheiten in der Prüfung des Einzelfalls zuläßt. Viele Konservative wiederum werden entrüstet sein über die scheinbare Liberalität des Papiers.“

Von der Synode der nordelbischen Landeskirche, die sich vom 22. März an in Rendsburg mit dem Thema „Lebensformen“ befassen will, erhofft Jarchow eine eindeutige Stellungnahme. „Pastoren, die homosexuelle Lebensgemeinschaften öffentlich segnen wollen, sollte dies nicht verboten werden. Unsere Landeskirche reicht von Fehmarn bis zum Hamburger Großstadtviertel St. Georg. Die Bedürfnisse sind da unterschiedlich.“

Ino