Widerstand guter Deutscher

■ Eine Ausstellung erinnert an das Hamburger „Weiße Rose“-Mitglied Hans Leipelt

Kaum jemand der täglichen Passanten Wilhelmsburgs wird wissen, wonach die dortige Leipeltstraße benannt ist. Dabei verbirgt sich hinter den Namen Hans Leipelt, einem Wilhelmsburger Jung, die Geschichte einer der seltenen Widerstandsgruppen im Dritten Reich: der „Weißen Rose“. Vor 50 Jahren, am 29. Januar 1945, wurde Leipelt 23jährig in München mit dem Fallbeil hingerichtet, weil er Flugblätter der Münchner Studentengruppe kopierte und verteilte und eine Verbindung zu Widerstandsaktivitäten in Hamburg schuf.

Im Bürgerhaus Wilhelmsburg läuft anläßlich dieses Jahrestages noch bis zum 11. Februar die Ausstellung Die Weiße Rose. Fotos und Texte dokumentieren das Leben und den gewaltsamen Tod der Hauptbeteiligten – am bekanntesten unter ihnen die Geschwister Scholl – und das soziale und politische Umfeld im München der Nazizeit. Der gelungene didaktische Aufbau der Ausstellung führt dazu, daß man Schritt für Schritt nachvollziehen kann, warum diese jungen Menschen, die sich in der Mehrzahl selbst als unpolitisch bezeichneten, und wie es im „anständigen“ deutschen Bürgertum üblich war und ist, religiöse und ethische Werte eigentlich für wichtiger hielten, schließlich doch politisch handeln mußten. Ebenso schlüssig wird dargelegt, warum sie, obwohl sie weder über Waffen verfügten noch überhaupt Gewalt anwenden wollten, der Nazijustiz so gefährlich erschienen, daß insgesamt sieben Todesurteile vollstreckt wurden, zuletzt an Hans Leipelt.

Seine Geschichte ist exemplarisch: ein fleißiger junger Mann, der bereits mit 16 Jahren Abitur macht, sich als Soldat der Wehrmacht an den Überfällen auf Polen und Frankreich beteiligt und mehrfach ausgezeichnet wird. Weil seine Mutter jüdischer Abstammung ist, wird er aus der Wehrmacht entlassen, was er als tiefe Demütigung empfindet. Er beginnt zu studieren und wird auch hier immer mehr drangsaliert. Er und die anderen Mitglieder der „Weißen Rose“ wurden richtiggehend in den Widerstand gezwungen von einem Staat und einer Gesellschaft, die den Menschen ganz für sich forderte oder total ausgrenzte, die selbst Gedankenfreiheit nicht zuließ.

Marie-Luise Schultze-Jahn, die damals an den Aktionen der „Weißen Rose“ beteiligt war und die Ausstellung am Samstag mit einem beeindruckenden Vortrag eröffnete, sagte über Hans Leipelts Motivation: „Er wollte ein guter Deutscher sein.“ Man hat ihn nicht gelassen.

Tim Fiedler

Bürgerhaus Wilhelmsburg, bis 11. Februar; vom 6.-9. Februar laufen außerdem ergänzend die Filme „5 letzte Tage“ und „Die Weiße Rose“