Traum: Kinderpflegerin

■ „Alle anderen Programme sind für Jungen“

Für 16 junge BremerInnen wird der Mai nicht so schön wie erhofft: Ausgerechnet zum Tag der Arbeit läuft ihre ABM-Maßnahme aus. Ab dann sitzen die sechs ausländischen und zehn deutschen Mädchen statt auf ihren halben Praktikumsstellen in Kindergärten, auf der Straße. Auch die Hauptschulabschlüsse, auf die die Hälfte der jungen Frauen hinarbeitete, sind vielleicht futsch. Das jedenfalls befürchtet die Pädagogin im Verein für Türkische Jugendliche, Gaby Darios. Dort waren die Jugendlichen für das berufsvorbereitende Jahr eingeschrieben, doch das Arbeitsamt will das Projekt beenden – fristgerecht zwar, „aber entgegen allen Versprechungen, die uns vom Arbeitsamt gemacht wurden.“

Aus der Sicht der Pädagogin Darios ist das fatal: „Die Mädchen haben sich im vergangenen Jahr super entwickelt. Das bestätigen uns auch die Kindergärten, wo sie ihr Praktikum machen.“ Diese Erfolgsmeldung alleine spräche nach ihrer Meinung schon für die Fortsetzung der Maßnahme. Denn unter SozialarbeiterInnen tragen ihre TeilnehmerInnen das Etikett „schwierige Jugendliche“ oder „Abbrecherinnen“. Das hat die Mädchen zusammengeschweißt – und ihre Liebe zu kleinen Kindern. Deshalb kommen sie aus allen Stadtteilen zur Fortbildung ins Lagerhaus. Der Mädchenklassiker „Kinderpflege“ sollte ihre Zukunft sein. Mag man davon halten was man will – die Sozialpädagogin bestätigt, „das ist das, was die Mädchen wollen und wo sie motiviert sind.“ So motiviert, daß sie nun selbst an die Öffentlichkeit gehen, weil sie zum ersten Mal lernen wollen. Und: „Weil es doch sonst nichts gibt für Mädchen. Die anderen Programme sind doch alle für Jungen.“ Da sind die junge Türkin aus Walle, die junge deutsche Mutter und Nicole einer Meinung.

Nicole ist die Pressesprecherin der Gruppe – und steht mit ihrem Lebenslauf für alle: Schulabbruch in der neunten, Abbruch des ungeliebten Hauswirtschaft-Berufsbildungsjahres, Erwerbslosigkeit – bis zum Projekt, das neben dem Schulabschluß den kurzen Einstieg ins Kinderpflegerinnenleben bringen sollte.

„In diesem Beruf haben die Mädchen keine Chance“, sagt der Leiter des Arbeitsamtes, Christian Hawel, deshalb laufe die Maßnahme aus. Warum er das erst jetzt sagt, nachdem die Mädchen sich Hoffnungen gemacht haben? Das hänge mit dem Kindergartengesetz zusammen, erklärt Hawel. Mit dem Anspruch auf einen Kindergarten für jedes Kind sei dieser Bereich zur staatlichen Pflichtaufgabe geworden. ABM-Gelder dürften dafür nicht fließen. Möglich sei aber ein Einstieg in andere weibliche Berufe, in die Hauswirtschaft oder der Altenpflege. Nur – das will Nicole auf keinen Fall nochmal probieren. E.R.