: Zeigen, was 'ne Harfe ist
■ Sonne im Herzen, Haare auf den Zähnen: Penelope Houston & Band verzückten die Bremer mit lieblichem Folkloregeplänkel / Mandoline und Harmonika unplugged
Daß sie pünktlich zum Woodstock-Revival groß 'rauskam, war kein Zufall. Penelope Houston hat alles, was die alten und die neuen Blümchenkinder lieben: ein sonniges Gemüt, Lieder von Liebe und Leid, blonde, strähnige Haare und den dazu passenden Sound – liebliche Saitenklänge und perkussives Geklingel, der Soundtrack für Sit-Ins und verschlafene Sonntage. Dann stammt die Dame auch noch aus San Francisco, Hauptstadt des vormaligen „Summer of Love“. Das Etikett „Neo-Folk-Queen“ paßte wie angegossen. Daß sich dahinter mehr verbirgt als ein kurzlebiger Modeartikel, muß die Musikerin nun unter großen Mühen beweisen. Zum Auftakt ihrer Deutschland Tournee gelang ihr das bestens: Das Konzert im Bremer Club „Moments“ – trotz massiver Werbung nicht ganz ausverkauft – zeigte eine vielseitige Songschreiberin, die sich geschmackssicher zwischen Folkballaden und Country-Schunklern zu bewegen vermag. Womit der Verlauf des Abends auch schon ziemlich genau beschrieben wäre. Zartbesaitete Songs bestimmten die erste Hälfte, mit vornehmlich akustischem Mobiliar, ein Tribut an all jene vornehmlich älteren Herrschaften im Publikum, die „MTV-Unplugged“ immer noch für die letzte Errungenschaft des Musikgeschäfts halten. Tatsächlich holte die Houston-Kombo in den ersten drei Songs immer neue Wunderinstrumente aus dem Sack: Mandoline, Harmonika und Zither durften bestaunt werden; jesses, sowas nochmal bei einem Popkonzert erleben zu dürfen ...
Teil zwei geriet dann zunehmend elektrifiziert: Zwei E-Gitarren, Baß, Drums – zurück, so scheint's, zur handelsüblichen Rockbesetzung. Mit der eine empfindsame Künstlerseele wie Houston allerdings noch eine Menge hübscher Dinge anstellen kann. Zum Beispiel: ihren garstigen Girlie-Polka-Hit von '92, „Glad I'm A Girl“, in eine schräge Westernnummer zu verwandeln, nach Desperadomanier mit jaulendem Slideguitar-Gejuckel unterlegt. Fast hätten die, zumal in deutlicher Überzahl vorhandenen, Herren im Saal vor Verzückung mitgebrummt: „If it's a man's world, then I'm glad I'm a girl!“
Thomas Wolff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen