Grüner Punkt läßt sich verballhornen

■ Wie der Grafiker Klaus Staeck das Duale System bezwang: Beleidigte Müll-Manager klagen doch nicht gegen Plakat

Heidelberg (taz) – 40 Gerichtsprozesse gegen seine Politplakate hat der Heidelberger Grafiker Prof. Klaus Staeck bereits siegreich überstanden. Den 41. gewann er gestern, bevor er überhaupt in die Gänge kam. Die Firma „Der grüne Punkt“ Duales System Deutschland GmbH für Abfallvermeidung und Sekundärrohstoffgewinnung in Köln zog kleinlaut eine Klageandrohung zurück, obwohl sie sich durch ein Staeck-Plakat geschäftsschädigend „verballhornt“ sieht.

1992 hatte Staeck ein Müllmotiv mit dem Titel „Der größte Schwindel seit der Farbe Grün – der grüne Punkt“ auf Plakaten und Postkarten in Umlauf gebracht. Seine Motivation: Der grüne Punkt behebe gar keinen Mißstand, sondern täusche Müllvermeidung nur vor.

Nach vier Jahren flatterte Staeck eine Unterlassungserklärung ins Haus mit einer Klageandrohung im Streitwert von 200.000 Mark. Bis zum 23. Februar sollte sich der Künstler verpflichten, den grünen Punkt nicht mehr mit seinen Plakaten herabzuwürdigen, bei jedem Verstoß wären 10.100 Mark Strafe fällig gewesen.

Staeck weigerte sich und drohte im Gegenzug eine sogenannte „negative Feststellungsklage“ an. Zudem suchte er Verbündete und fand den baden-württembergischen Umweltminister Harald B. Schäfer, der mit ihm eine Pressekonferenz geben wollte. Thema: wie das Duale System versucht, Kritiker mundtot zu machen.

Kleinlauter Rückzug des Dualen Systems

Soviel Aufsehen war dem Umweltunternehmen dann doch nicht recht, bemüht man sich doch derzeit um die Verlängerung bestehender Verträge. Mit einem denkwürdigen Schreiben teilte der Anwalt der Firma jetzt mit, man wolle „dieser Angelegenheit nicht mehr Gewicht beimessen“. Dennoch fühle man sich weiter durch das Motiv herabgesetzt. Denn „die Behauptung, das Unternehmen betreibe den ,größten Schwindel seit der Farbe Grün‘ beinhaltet den Vorwurf, es habe seit der Existenz der Farbe Grün, also seit Menschengedenken, keinen größeren Schwindel gegeben“.

Selbst das Tucholsky-Zitat würde vom Bundesverfassungsgericht dann nicht mehr als von der Freiheit der Kunst gedeckt angesehen, wenn es sich unmittelbar gegen eine individualisierte Person oder Personengruppe richte. Durch die Verwendung des Firmenlogos werde aber ein eindeutiger Bezug auf das Unternehmen hergestellt.

Amüsiert und erleichtert gab sich Staeck nach dieser eher hilflosen Kapitulation seines 41. Gegners. Dies sei „eine der übelsten Drohungen bislang“ gegen ihn gewesen, aber einschüchtern lassen dürfe man sich eben nicht. Holger Kulick