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Jetzt sind die Sozis am Zug

■ Grüne in NRW haben sich von ihrem Dilemma befreit

Leicht war die Debatte über die Fortsetzung der rot-grünen Koalition für die nordrhein-westfälischen Grünen nicht. Sie berührte die konstituierenden Elemente der Partei und, mehr noch, die grüne Seele. Um so erstaunlicher ist das Ergebnis. Das, was die Grünen am Wochenende in einem offenen politischen Kampf entschieden haben, beinhaltet gleich zwei Richtungsentscheidungen.

Damit hat sich die Partei aus eigener Kraft wieder in die Lage versetzt, ihrem Anspruch, im rot-grünen Clinch politisch zu gestalten, auch tatsächlich gerecht zu werden. Die Partei verließ zum einen die verhängnisvolle Linie, sich durch eine Politik der „Knackpunkte“ und „Ultimaten“ immer wieder selbst ein Bein zu stellen. Daß dieses strategische Dilemma, das den Grünen in Nordrhein-Westfalen schon 1985 eine bittere Wahlniederlage bescherte, nun nicht mehr den grünen Kurs prägt, verschafft den grünen Akteuren endlich den nötigen Spielraum, um den Sozialdemokraten billige Siege zu verbauen.

Zum anderen hat die Partei endlich entschieden, sich auf die real existierende SPD einzulassen. Wer formuliert, er erwarte „von den Reformkräften innerhalb der SPD, sich gegen die Betonfraktion in den eigenen Reihen aufzulehnen“ – so geschehen in dem politischen Leitantrag, der auf dem Parteitag nicht durchkam –, der tut genau das nicht. Er läßt sich nicht auf die SPD ein, sondern möchte sie entlarven. Das führt die Grünen direkt in die Sackgasse. So kann man das historische Scheitern der Revolutionären Gewerkschaftsopposition wiederholen, aber ganz gewiß nicht ein in die Zukunft weisendes Reformbündnis mit der SPD schmieden. Wer sich davon leiten läßt, der will nichts weiter als pure Opposition.

Daß die SPD in Nordrhein-Westfalen so agiert, wie sie agiert, ist eben nicht ihrer Betonfraktion geschuldet. Es ist vielmehr eine politische Reaktion – und zum Teil auch ein vordergründiger Reflex – auf gesellschaftliche Problemlagen, denen sich Volksparteien anders zu stellen haben als die Grünen. Eine grüne Mehrheit sieht das jetzt offenbar genauso. Auf diesem Fundament läßt sich eine Koalition bauen. Nun sind die Sozis am Zug. Wenn sie künftig von billigen Reflexen ließen, könnte aus Rot-Grün doch noch was werden. Walter Jakobs

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