Das Portrait
: Schon im Museum

■ Dirk Remartz

Der Fotograf Dirk Reinartz Foto: Karin Reinartz

Dem Kunstpublikum mag sein Name nicht viel sagen, viele KünstlerInnen aber kennen ihn: Dirk Reinartz. Über Jahre hat er KünstlerInnen fotografiert, staunend, „daß sie mit ihrer Existenz einstehen für das, was sie tun“.

Mit nicht einmal fünfzig Jahren wird Dirk Reinartz bis zum 24. März in der Neuen Nationalgalerie in Berlin ausgestellt, ein sehr ungewöhnlicher Schritt für ein Museum, das eingeschworen ist auf Malerei und Skulptur. Reinartz dort gezeigte Arbeit heißt „totenstill“, ein Portfolio mit Fotografien von AuschwitzI bis Westerbork. Die schwarzweißen Bilder, bleiern, mit dramatisch gesetzten Schärfen suchen zwischen Baracken und Zäunen nach Resten des Authentischen.

Dirk Reinartz, 1947 in Aachen geboren, hat die Schuldfrage als junger Erwachsener – mit seiner Generation gegen die vorausgehende – gestellt. Die Liste der Ausreden hat seine Entschiedenheit gestärkt, sich dem Thema nationalsozialistischen Völkermords zeitlebens nicht mehr zu entziehen. In sechs Jahren Arbeit entstand „totenstill“, das 1994 als Buch erschien.

Mit zwanzig Jahren wurde Reinartz Folkwang-Schüler in der Klasse von Otto Steinert, der eine ganze Gruppe erfolgreicher Bildjournalisten hervorgebracht hat, mit 23 Jahren der jüngste Redaktionsfotograf bei Henri Nannens Stern. Mit seiner ruhigen, rheinisch geprägten Sprache und einer fest verankerten Ruhe ist er das Gegenbild des „erfolgreichen Reporters“ geblieben. Von ihm stammt das eindringliche Bild des toten Holger Meins. Als die Emanzipation der Schwulen eine Titelgeschichte wert war, porträtierte Reinartz ein Paar – ohne obszönen Kodex, ohne Schwul-ist-besser-Appeal.

Die Stärke des Fotografen wurde sein ausgefuchster Blick in die Nischen der Normalität. Deshalb gab er die Weltreisen und den nervösen Stern auf und schloß sich 1977 der Gruppe Visum an, einer egalitären Arbeitsgemeinschaft von Fotografen in Hamburg, deren Modell als vorbildlich galt, bis es am Erfolg zerbrach.

Unterwegs für Auftraggeber vom Zeit Magazin bis zu BMW, teilte Reinartz seine Arbeitszeit in fremde und eigene. Ergebnis des Eigenen war „Kein schöner Land“, ein kurz vor der Wende erschienenes polemisches Buch über Westdeutschland zwischen Betonsachzwängen und Jägerzaunidylle. Selbst im schönen Buxtehude zu Hause, weiß er, wovon er spricht. Ulf Erdmann-Ziegler