Italien: Rechte rein rechts

■ Zum Listenschluß für die Neuwahlen steht Berlusconi ohne „Moderate“ da

Rom (taz) – Bis wenige Sekunden vor dem Abgabeschluß der Kandidatenlisten für die Wahlen am 21. April herrschte gestern noch hektische Betriebsamkeit in den Parteien: Unentschieden wie noch nie grübelten die Parteisekretäre, wen sie an hervorragender Stelle plazieren, wen gar ausschließen sollten.

Es kracht überall: Während die Mitte-links-Allianz unter dem Namen „Olivenbaum“ illustre Namen aus der früheren Nomenklatura von ihren Listen strich, bot der derzeitige Regierungschef Lamberto Dini, der mit einer frischgegründeten „Erneuerungs“-Liste ebenfalls unter dem Olivenzeichen antritt, Dissidenten anderer Parteien Unterschlupf an. Darunter auch Vittorio Dotti, dem bisherigen Vorsitzenden der Forza-Italia- Fraktion des Medienzaren und ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi.

Dotti war am Wochenende von den Listen der Forza Italia gestrichen worden. Grund: Seine Lebensgefährtin Stefania Ariosto hatte in der vergangenen Woche mit ihren Aussagen vor der Mailänder Antikorruptions-Sonderkommission eine ansehnliche Zahl römischer Staatsanwälte belastet. Der Chef des Vorermittlungsamtes (zuständig für die Zulassung von Anklagen), Squillante, wurde wegen Verdachts der Bestechlichkeit und Strafvereitelung gar verhaftet. Ein Teil der Vorhalte soll sich auf Verfahren beziehen, in die Berlusconi verstrickt ist. Forderungen der Partei, Dotti solle die Aussagen seiner Gefährtin dementieren, kam dieser nicht nach.

Tatsächlich stand Dotti auch schon länger auf einer umfangreichen Abschußliste. Er gilt als „Taube“, der rechte Radikalismen mied und die Forza Italia in der politischen Mitte halten wollte. Das war nicht nur den „Falken“ seiner eigenen Partei ein Dorn im Auge, sondern vor allem Berlusconis Hauptverbündeten, Gianfranco Fini, dem Chef der Nationalen Allianz: Er hofft, bei den kommenden Wahlen Berlusconi überflügeln und seine Partei zur größten Rechtsformation machen zu können. Das aber geht nur, wenn er jene Wähler verschreckt, die Berlusconi bisher als „moderates“ Korrektiv der Rechten gewählt hatten.

Mit Dotti hat Berlusconi den letzten Streiter vom gemäßigten Flügel seiner Partei verloren. Schon vor Wochen hat auch der Fraktionsführer der Forza Italia im Abgeordnetenhaus, Della Valle, seinen Verzicht auf eine Kandidatur erklärt, ebenso wie eine Reihe ehemaliger Minister und Staatssekretäre. „Wo nur noch die Radikalen regieren, ist die Forza Italia überflüssig geworden“, erklärt zum Beispiel der frühere Reformminister Urbani.

Den meisten ist klar, daß damit ihre politische Karriere zu Ende ist. Auch Dotti wird, trotz des Angebots einer Kandidatur auf der Liste Dini, nicht mehr ins Parlament zurückkehren: Nach einem entschiedenen Veto von „Olivenbaum“-Kanzlerkandidat Romano Prodi mußte er seine Kandidatur zurückziehen. Werner Raith