Ultimatum für Schröder

Niedersachsens Gewerkschaften fordern vom Regierungschef eine aktivere Arbeitsmarktpolitik  ■ Von Jürgen Voges

Hannover (taz) – Mit den Slogan „Erst die Arbeit“ und natürlich mit einem Porträt von Gerhard Schröder wollen die niedersächsischen Sozialdemokraten in einigen Monaten in den Kommunalwahlkampf ziehen. Schließlich bemüht sich der niedersächische Ministerpräsident seit vielen Jahren um das Image, das er als Person für „Arbeit, Arbeit, Arbeit“ stehe. Da hatte er sich etwa vor zwei Jahren landtagswahlkampfwirksam um die Flugzeugwerft Lemwerder bemüht und später die Viertagewoche bei VW ein Stück weit auch als seinen Erfolg verkauft.

Ausgerechnet diesen Ministerpräsidenten, der angeblich um jeden niedersächsischen Arbeitsplatz kämpft, wollen die Gewerkschaften nun aus dem niedersächsischen „Bündnis für Arbeit“ durch ein Ultimatum hinauskomplimentieren.

Die niedersächsischen Gewerkschaften messen Gerhard Schröder damit nicht an seinen Worten, sondern an seinen Taten. Denn nicht VW, sondern das Land ist in Niedersachsen der bei weitem größte Arbeitgeber. Schröder ist in Niedersachsen direkt Herr über 225.000 Landesbedienstete. Indirekt, über Zuschüsse beeinflußt er das Schicksal weiterer 75.000 Arbeitsplätze.

Zu Recht verlangt der niedersächsische DGB daher auch vom Land eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Die besteht nun einmal gerade nicht darin, daß auf der einen Seite so viele Arbeitsplätze wie nur möglich im Landesdienst vernichtet werden und gleichzeitig die Arbeitszeit auf vierzig Stunden heraufgesetzt wird, wie dies jetzt bei den Landesbeamten geschieht. Denn nicht nur beim Volkswagen- Konzern, auch für die Arbeitsplätze im Landesdienst sind in Krisenzeiten durchaus intelligentere Lösungen möglich.

Bei dem Streit zwischen der Landesregierung und den Gewerschaften geht es allerdings seit langen ums Grundsätzliche: Schröders „wichtigster Gesprächpartner in Fragen der Wirtschaftspolitik“, wie ihn die Staatskanzlei nennt, der niedersächsische Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke, verlangt seit einem halben Jahr mehr oder minder unverholen die Rückkehr zur allgemeinen Vierzigstundenwoche, greift die IG Metall wegen ihrer Politik der Arbeitszeitverkürzung an.

Die Gewerkschaften vermuten daher zu Recht, daß die Landesregierung mit der Arbeitszeitverlängerung für Beamte auch ein Signal, ein schlechtes Beispiel geben will. Wenn man beim Gespann Tacke/ Schröder die Wahlkampfrhetorik beiseite läßt, bleibt inzwischen kaum mehr als reiner Rexrodt übrig: Mit Mehrarbeit und Lohnverzicht in die Schlacht um den Standort Deutschland – oder richtiger: tiefer in die Krise.