Vom Ehemartyrium zur Wahnsinnsidee

■ Prozeß wegen Anstiftung zum Gattenmord begann gestern

Wie verzweifelt muß eine Frau sein, daß sie ihrem Mann nur noch eines wünscht: den Tod. Ein Hamburger Schwurgericht verhandelt seit gestern gegen eine 53jährige Geschäftsfrau, die auf dem Kiez jemanden suchte, der für 80.000 Mark einen „bis zum absoluten Ende“ geführten Angriff auf ihren Ehemann startet.

In einer Gaststätte war sie telefonisch fündig geworden und hatte dem vermeintlichen Killer per Post 20.000 Mark Vorschuß und eine genaue Beschreibung ihres Gatten und seines Autos geschickt. Doch der Mann war nur zum Schein auf das Angebot eingegangen und wandte sich an die Polizei. Auf diese Weise blieb der 54 Jahre alte Kaufmann, der seine Frau offenbar jahrelang gequält hatte, verschont.

Die zierliche Angeklagte, die sich nun wegen versuchter Anstiftung zum Mord verantworten muß, brachte am ersten Prozeßtag kaum ein Wort heraus. Statt dessen verlas ihre Anwältin eine Erklärung, in der das jahrelange Ehe-Martyrium ihrer Mandantin deutlich wurde. „Ich zerschneide Dir Dein Gesicht“, soll der offensichtlich jähzornige Mann gedroht haben, und: „Ich werfe Dich die Treppe hinunter, dann bist Du ein Krüppel.“

Alles hatte mit ihrer Erbschaft begonnen, die der gelernten Mas-seurin und dem abgebrochenen Studenten erlaubte, sich selbständig zu machen. Die daraufhin gegründete Personalleasing-Firma war ein Erfolg, das Geschäft verhalf dem Ehepaar und den inzwischen geborenen Töchtern zu einem großen Grundstück mit einem Landhaus vor der Stadt.

Nach ihrem Bekunden hat vor allem die Frau und Geschäftsführerin das Unternehmen gelenkt; wegen der ständigen Arbeitsüberlastung habe sie nicht wahrhaben wollen, daß die Angriffe ihres Mannes immer brutaler wurden. Der habe sie des öfteren nachts im Nachthemd aus dem Haus geworfen, getreten und beschimpft. Schließlich trieb er sie und die Töchter in die Flucht, soll weder Gehalt noch Unterhalt gezahlt haben. Später nahm er sich eine jüngere Geliebte.

Sie, die Angeklagte, nahm Psychopharmaka und hatte schließlich „die Wahnsinnsidee“, ihn umbringen zu lassen, damit die Töchter und sie in das Haus zurückkehren könnten und „alles so werde wie früher“. Heute wirft sie sich vor, „das alles so lange erduldet zu haben“.

Der Prozeß soll insgesamt eine Woche dauern und die Kammer des Schwurgerichts hat bereits signalisiert, daß die Geschäftsfrau wohl kaum als voll schuldfähig anzusehen ist. Paula Roosen