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SanssouciVorschlag

■ Ein Jugendstück von Ad de Bont im Theater Morgenstern

Ein zweirädriger Holzkarren, ein kleines Boot aus Weidengeflecht und Stoff, Fischernetze, ein paar zusammengesammelte Überlebensgeräte. Gestrandete sitzen inmitten dieser Utensilien, Menschen auf der Suche nach dem verlorenen Paradies. „Das ertrunkene Land“ heißt es (titelgebend) bei Ad de Bont, und die da suchen, sind keine Kinder mehr, aber auch noch nicht erwachsen. Mit dem Tod müssen sie auf ihrer Reise umgehen, und am Schluß werden sie erstaunt feststellen, daß sie sich die ganze Zeit auf jenem sagenumwobenen Eiland befinden, nach dem sie so verzweifelt suchten. Das Glück kann man nur in sich selbst finden, indem man sich akzeptiert wie man ist.

Der Holländer Ad de Bont, einer der wichtigsten und produktivsten Autoren im europäischen Kinder- und Jugendtheater (und nicht erst seit dem Flüchtlingsstück „Mirad“ eine Säule deutscher Spielpläne) fährt allerhand auf, um seine These der Zielgruppe ab 9 mitzuteilen. Milo, der aus dem Land der Verheißung stammt, aber sich nicht mehr daran erinnert, wo es liegt, ist stumm, seine verbitterte Reisegefährtin Hanne lahm. Nur Lotte, das patente Bindeglied zwischen den beiden, hat keine körperliche Beschädigung. Als vierte Figur taucht der Fährmann ins Jenseits höchstpersönlich auf, ein namenloser Penner. Phantastisches Personal für eine kleine, märchenhafte Geschichte, deren Poesie manchmal allerdings ein wenig bemüht wirkt.

Das Theater Morgenstern setzt in seiner fünften Produktion auf Bildhaftigkeit. Es gibt ein wunderschönes Bühnenbild zu besichtigen und Kostüme, die unaufdringlich perfekt die einzelnen Charaktere unterstreichen (beides: Stella Huvendiek und Thomas Ehrlich). Trotzdem fehlt es der kargen Geschichte, die immer wieder von Traumszenen unterbrochen wird, ein wenig an Biß. Das Geschehen plätschert vor sich hin, ohne klar gesetzte Höhepunkte. Die Veränderungen der Figuren passieren so mir nichts, dir nichts. Daß Milo plötzlich sprechen kann und Hanne wieder gut bei Fuß ist (sie hat ihre Lähmung nur vorgespielt) wird kaum vorbereitet und begründet. Die Morgenstern-Crew verläßt sich allzusehr auf die Poesie der Bilder. Davon lassen sich auch die Kinder im Publikum faszinieren. Ein guter Ansatz, dem (noch?) die Ösen und Haken fehlen. Gerd Hartmann

„Das ertrunkene Land“ von Ad de Bont, Theater Morgenstern, bis Ende Mai, verschiedene Termine und Orte, Tel.: 2917164, heute, 10.30 Uhr im Parkhaus Treptow, Puschkinallee 5

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