■ Diskussion in Deutschland über die PKK ist heuchlerisch
: Politisches Kalkül

Draufhauen, zuschlagen, ausweisen, abschieben – kein Pardon mit Terroristen. Gewalt auf deutschen Autobahnen ist für deutsche Ideologen Grund genug, einst besungene Phrasen über Rechtsstaatlichkeit aufzugeben. Wenn die Gewalt im fernen Kurdistan tobte, konnte man stets in der Rolle des zivilisierten Kolonialherren den bösen Türken vorhalten, daß, bitte sehr, der Staat sich an rechtsstaatliche Grundsätze zu halten habe. Alles vergessen.

So geschieht es den Deutschen nur recht, daß sie nun der Lächerlichkeit türkischer Kolumnisten preisgegeben sind. Genüßlich schildert Oktay Eksi im türkischen Massenblatt Hürriyet, wie vor Jahren ein Staatssekretär des Bundesinnenministeriums den geladenen Türken erklärte, man könne die PKK nicht verbieten, Deutschland sei schließlich ein Rechtsstaat.

Die PKK ist kein artiger, folkloristischer Gesangsverein, sondern eine politische Organisation, die auch Gewalt einsetzt. Eine Organisation, deren Geschichte mit Blut befleckt ist – ebenso wie die Geschichte des ANC, der PLO und der IRA. Wie all diese Organisationen ist auch die PKK nicht vom Himmel gefallen. Sie ist das Resultat der Unterdrückung der Kurden in der Türkei. Sie ist die Folge staatlicher Barbarei. Sie ist die Organisation der Kinder, deren Väter bei Razzien totgeschlagen und deren Mütter vergewaltigt wurden.

Die Klage darüber, daß die Kurden ihren Streit mit dem türkischen Staat illegitimerweise nach Deutschland tragen, ist heuchlerisch. Deutschland hat Partei ergriffen. Durch Waffenlieferungen an die Türkei, durch das Verbot der PKK. Nun hat es die Folgen zu tragen. Das PKK-Verbot in Deutschland war nicht die Konsequenz ethischer Verurteilung von Gewalt, sondern das Ergebnis eines politischen Kalküls – man wollte der türkischen Regierung einen Gefallen tun. Jetzt läuft es nach den Regeln der Politik: Wenn man politische Organisationen, die über eine starke politische Basis verfügen, verbietet, kommt erst Rauch und dann Feuer auf.

Politik ist schon ein dreckiges Geschäft. Man male sich einen türkisch-kurdischen Frieden in zehn oder zwanzig Jahren aus. Dann werden jene deutschen Politiker, die heute PKK-Chef Öcalan als Terroristen brandmarken, eben diesen Mann, dessen Moral mir zuwider ist, als Staatsmann feiern. Ömer Erzeren, Istanbul