■ Querille: Sensorama: Zu Gast auf der Welcome Insel
Sensorama: Zu Gast auf der Welcome Insel
(L'Age D'Or/Rough Trade)
Als Roman Flügel und Jörn Wuttke im Herbst nach den kalten Sounderkundungen der Primitive Painters mit Sensorama in eine neue Richtung wiesen, war man nicht nur in dieser Zeitung voll des Lobes über den „Freistil-Electro“ (siehe taz hamburg vom 9. 11. 1995) der beiden. Selbst die bedrohliche Vielseitigkeit der Platte erklärten beide souverän damit, daß sie wie eine aufgenommene Cassette für gute Freunde zu verstehen sei. Jetzt haben sich die guten Freunde revanchiert, sie auf ihrer Insel besucht und Sensorama in einen Dialog hineinversetzt. Claude Young von laptop technologies hat etwa aus „Echtzeit“ ein spitteliges Electro-Stück destilliert, Plaid brachten „Zone 30“ das Laufen über tiefe Bässe bei.
Wie viel Freiheit sich die Bearbeitungen herausnahmen, das zeigt Move D, der ebenfalls „Echtzeit“ präparierte, aber durch die vorgelagerten Höhen, seine typischen spannungslösenden Klangschwaden aber eine ganz andere Stimmung kre-ierte. Höhepunkt ist aber die vertrackte Bearbeitung eines Sensorama-Stückes durch Mouse On Mars, die ganz wie das gerade den Ton angebende Clear-Label, Umweltgeräusche in den Electro-Beat der Anfänge verwursten. So wird der Wasserhahn zum Bass, die Tasse zur Hi-Hat. Wem sich das Original ins Ohr eingenistet hat, der wird mit diesen Interpretationen bestimmt Freundschaft schließen.
Volker Marquardt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen