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Sensationsgier nach einer Hinrichtung

■ COAX-Production präsentieren mit Sensation Death eine multimediale Game-Show

Im Film ist das Thema seit den 60er Jahren altbekannt, technisch kontinuierlich aufgepeppt worden und trotzdem stets bedrohlich geblieben: Volksspiele in der Zukunft, wo Menschen als Marionetten bis zum bitteren Tod miteinander oder gegen absichtliche Gefahren kämpfen müssen. Das präsenteste Beispiel derartiger Science-Fiction-Gladiatorenkämpfe ist sicherlich Running Man mit Arnold Schwarzenegger, und COAX-Choreographin Rica Blunck bezieht sich in Sensation Death, ihrer neuesten Produktion, ganz offen auf diesen Streifen.

Allerdings hat sich die Form ihres neuen Tanztheaters im Zusammenspiel mit dem Computerkünstler Gérard Couty und dem Musiker FM Einheit natürlich zu einer weit weniger brutalen, mehr subtileren und tatsächlich spielerischen Darstellung der menschlichen Sensationsgier nach Zerstörung gewandelt, die allerdings die High-Tech-Präsentation keineswegs ausschließt.

Fünf „Todeskandidatinnen“, Tänzerinnen, die Blunck nach Sichtungen in Budapest, Amsterdam und Hamburg aus 200 Bewerberinnen nach der Maßgabe ausgesucht hat, „daß sie möglichst wenig zueinander passen“, werden von Computerterminals aus durch 7 Spiele gesteuert – eine „überlebt“. Lichtchoreografie nach Trittimpulsen, Schrittfolgen nach numerischer Vorgabe, Bewegungen nach Musik, welche fünf Saalkandidaten an den Terminals mit einzelnen Sound-Tracks zusammenstellen – dergestalt sind die Handicaps, welche die Tänzerinnen in Korrespondenz mit ihren „Führern“ möglichst geschickt lösen müssen.

Dazu gibt es die unvermeidliche Spielleitung, eine zynisch-schrille Moderation aus einem Stahlkorb über der Tanzfläche, die der ganzen Show den bitter-menschenverachtenden Anstrich gibt, den Blunk auch in Game-Shows wie „Glücksrad“ bereits vorformuliert sieht.

Die aufwendige Produktion, die nur in Zusammenarbeit mit diversen anderen Theatern realisiert werden konnte, macht optisch ordentlich was her. Ein riesiges Stahlgerüst mit aufwendigen Lichtmaschinen und Zugkränen, Monitore, Technikpult, Spielkonsolen – die technische Monströsität wird zwar ästhetisch gemildert, aber der traditionelle Ansatz von COAX, Tanz im Widerstreit mit bedrohlichen Hindernissen zu entwickeln, findet hier einen durch Technik vergoldeten neuen Rahmen.

COAX, inzwischen keine Gruppe mehr, sondern ein Production-Pool, ist mit Sensation Death zumindest von der Ausstattung und der internationalen Zusammenarbeit her eine Produktion gelungen, die einen deutlichen Niveauunterschied zur Hamburger Tanztheater-Szene aufweist. Nun muß nur noch die ganze Arbeit so stimmig und klug umgesetzt werden, daß nicht einfach eine sarkastische Vergrößerung peinlicher Fernsehwirklichkeit erscheint.

Till Briegleb

Ab 27. März, 21 Uhr, Kampnagel, k2, bis 20. April

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