Duftschule für Bienen

■ Die Bienen wachen auf! Eine Bienenkundlerin an der Uni studiert ihre Gehirnchen

Menschen wurden depressiv. Krokusse scharrten in den Startlöchern. Spitzmäuse drehten in ihren tiefgefrorenen Höhlen Däumchen: Der Winter war lang. Mit ihren Völkern litten auch die Imker: Fast ein halbes Jahr waren ihre Bienen in den Stöcken eingesperrt. In Österreich starben Bienen schon an Verstopfung, weil sie zum Abkoten ins Freie müssen, wo es ihnen aber zu kalt war. Doch seit zwei Tagen herrscht plötzlich Leben an den Fluglöchern der Bienenstöcke.

Im Biologischen Garten der Uni Bremen kann man unerfahrene Winterbienen beobachten, die noch nie an einer Blüte nippten. Sie krabbeln ins Freie und „drehen den Kopf zum Kasten – sie prägen sich das Bild von ihrer Umgebung ein,“ erklärt Dorothea Brückner. Damit sie wieder heimfinden. Erst dann geht's ran an die Weidenkätzchen und Frühlingsblumen.

Frau Brückner ist seit zwanzig Jahren Bienenfreundin und dank einer geglückten Biographie seit 1988 auch Leiterin der Forschungsstelle für Bienenkunde im Fachbereich Biologie. Ihr Büro riecht nach Honig. Sie wacht über 40 Bienenvölker, berät Imker in Bienengesundheitsfragen, macht Führungen und erklärt besorgten Besitzern eines Rolladenkastens, in dem Bienen wohnen, was zu tun ist. Außerdem erforscht sie das Gehirn der Bienen.

Das Bienenhirn ist stecknadelkopfgroß und vergleichsweise sparsam mit Nervenzellen ausgestattet. Eine Million Nervenzellen – soviel hat die Netzhaut eines einzigen menschlichen Auges. Und doch kann sich die Biene auf komplexe Weise sozial verhalten und auch – so die überraschenden Ergebnisse der neueren Bienenforschung – enorm viel lernen.

Es gibt einen einfachen Versuch zum Lernverhalten von Apis melifera. Eine Biene wird mit Tesafilm vor ein Röhrchen geklebt, aus dem ein Duft kommt. Rosenduft, Lavendel, Geranie zum Beispiel. Dazu bekommt sie Zucker gereicht. Die Biene lernt: Dieser Duft verspricht Nahrung. Bekommt sie keinen Zucker, lernt sie, nicht auf den Duft zu reagieren. Macht man den Versuch einmal, vergißt die Biene das Gelernte bald. Macht man ihn drei Mal, vergißt sie ihn nie mehr. Noch vor 50 Jahren glaubte die Biologie, die Biene sei ein dummes, instinktgesteuertes Gewürm. Heute muß man sagen: Respekt vor diesem wirbellosen Wesen, für das übrigens auch – die Bremer Bienenkundler beweisen es gerade – der Satz gilt: „Voller Bauch studiert nicht gern.“

Aus ihren paar Gehirnzellen macht die Honigbiene das Beste. Ihr Trick: Die Nervenzellen sind auf komplexe Weise verknüpft. Das erinnert an „neuronale Netze“ in der Informatik, an die Arbeitsweise von Computern. Tatsächlich gibt es inzwischen an der Bremer Uni ein Projekt mit Dorothea Brückner und ihren Bienen, Hirnforschern, Informatikern, Roboterforschern und Verhaltenspsychologen: das „Zentrum für Kognitionswissenschaften“. Übertrieben verkürzt dargestellt befaßt sich das Projekt mit Fragen wie: Kann der Roboter, der sich in der Welt zurechtfinden will, von der Biene lernen? BuS