■ Feldbettversuch
: Macht uns das Fernsehen krank?

Mal anders gefragt: Macht Fernsehen vielleicht gesund? Könnte man ja denken, schließlich dürfen Kinder sogar in Akademikerhaushalten im Krankheitsfall fernsehen. Hier der Feldbettversuch eines Akademikerkindes in der Diaspora. 16.48 Uhr, der erste Versuch, „Fliege“, Husten, Verzweiflung. 16.50, bei Hans Meiser freut sich jemand, eine Woche nicht gekotzt zu haben; Meiser attestiert ein „Verstecken hinter dem eigenen Ich“, darauf einen Hustensaft, soll Alkohol drin sein (SOLL!). 16.53 im Dritten: „Telekolleg: Technologie“ – eine r-rollende Scharpingentsprechung in zu kleinem Karo-pullover erklärt eine Wirbelstrombremse. DayMed, zwei gleich. 17.00, Frank Elstner fürchtet ein Männerübergewicht in „Jeopardy“, doch bei Themensträngen wie „Doppeldeutige Speisekarten“ oder „Chemie für Schnelldenker“ trumpft heute eine Frau auf. Schlafen, vorher noch schnell lindernden Tee. Augen brennen, Schläfen pochen. In mentholumwölkten Träumen sehe ich mich als umjubelten Programmdirektor von „Kranken-TV“, da schrecke ich auf, „Marienhof“, so war das aber nicht gemeint, FÜR, nicht VON Kranken sollte das sein. Nun will es wohl Abend werden, und da will ich wohl mal die Medikamente wechseln, gleichzeitig den Sender, Gelomyrtol und Sat.1, eine gute Mischung, dazu das Aufbaupräparat Ulrich Meyer. Alles umsonst.

20.02, RTL: Charly ist nicht geisteskrank und sehr reflektiert, sagt Rebecca. Die Textilindustrie hat auch etwas beschlossen, sagt die ARD. Spezial-Konzept-Brausetabletten läuten den Abend ein. Mein Nachbar möchte mich „abhusten“ hören, ich möchte das aber nicht. Ich möchte einen Möhrensaft und darauf anstoßen, daß es (20.08) ein Gutachten zum Rinderwahnsinn gibt. 23.21: Das C-Tel hat ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Mein Medikamentenaufkommen nicht, die Nacht dräut, mein Kopf ist eine FDP. 23.26, Oberinspektor Derrick soll mir gute Nacht sagen. Aber der sagt nur: „Es gibt Nächte, die haben es in sich, weiß der Himmel, warum.“ Geträumt von Harry. Aspirin.Fühle mich immer noch total elend, Gruß Benjamin v. Stuckrad-Barre