In Zukunft auch ohne Abitur in den Arztberuf

■ Bundesrat empfiehlt die Zulassung von PflegerInnen zum Medizinstudium

Berlin (taz) – Seit zwei Jahren hat das Thema immer wieder das Bonner Sommerloch gefüllt. KrankenpflegerInnen fordern ihre Zulassung zum Medizinstudium auch ohne Abitur. Gestern empfahl der Bundesrat auf Initiative der Landesregierung in Niedersachsen dem Bundestag, die Berufszulassungsordnung der Ärzte zu ändern.

Obwohl in Niedersachsen seit 1994 theoretisch die Möglichkeit besteht, als KrankenpflegerIn Medizin zu studieren, ist die endgültige Approbation als Ärztin oder Arzt nach der veralteten Ordnung nicht durchsetzbar. Das niedersächsische Hochschulgesetz erlaubt KrankenpflegerInnen auch ohne Abitur, allerdings mit abgeschlossener Berufsausbildung, jahrelanger Berufserfahrung und einer zusätzlichen Qualifizierung, die Aufnahme des Studiums. „Bisher ist aber niemand des Krankenpflegepersonals das Risiko eingegangen, ein Medizinstudium unter diesen Bedingungen zu beginnen“, sagt Ute Herbst, die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft deutscher Schwesternverbände und Pflegeorganisationen. Als eine „verrückte Formalkiste“ bezeichnet sie die formalen Hindernisse.

Die Ärzteschaft steht den Forderungen gespalten gegenüber. Die Hauptargumente der GegnerInnen sind eher dünn. Vorgeschoben werden die ohnehin schon vorhandene Ärztearbeitslosigkeit und die angeblich drittklassige Qualifizierung der Schwestern und Pfleger. Seit der Bundesbildungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) seine Zustimmung zum Antrag Niedersachsens signalisierte, ist letzterer Einwand vom Tisch. Schließlich müßten auch die StudentInnen ohne Abitur dieselben Prüfungen bestehen wie ihre KommilitonInnen, die vom Gymnasium kommen. „Ein erfolgreich abgeschlossenes Medizinstudium bleibt auch dann ein erfolgreich abgeschlossenes Studium, wenn es von Menschen ohne Abitur absolviert wurde“, meint auch Niedersachsens Wissenschaftsministerin, Schuchardt. Petra Welzel