Seehofer schließt Grenzen für Rinder

■ Der Gesundheitsminister zieht nach. Außer Deutschland wollen elf weitere EU-Länder kein britisches Rindfleisch mehr

Bonn (taz) – Auch Bonn will kein Rindfleisch und keine lebenden Rinder mehr aus Großbritannien importieren. Dies verkündeten Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) und Bundesernährungsminister Jochen Borchert (CDU) gestern und befinden sich damit in einer großen Runde: Elf weitere EU-Länder – alle außer Dänemark und Irland – sowie Singapur und Neuseeland haben die Einfuhr gestern gestoppt. Am Montag wollen sich die Bundesminister in der Europäischen Kommission für ein europaweites Verbot einsetzen. Eine Klage der EU gegen mehrere Bundesländer, die bereits vor Wochen ein Importverbot verhängt hatten, ist wohl vom Tisch.

Bereits vor Seehofers Ankündigung – der noch am Vortag erklärt hatte, die Sitzung des Veterinärausschusses in Brüssel am Montag abwarten zu wollen – hatten Politiker aller Parteien die Bundesregierung dringend aufgefordert, schnell auf die jüngsten Erkenntnisse über die Übertragbarkeit von BSE auf den Menschen zu reagieren.

Der SPD-Chef Oskar Lafontaine forderte gestern Seehofers Rücktritt. Das Importverbot sei das Eingeständnis, daß die Bundesregierung die Gesundheit der Verbraucher „monatelang fahrlässig aufs Spiel gesetzt hat“, so Lafontaine. Immer wieder habe der CSU-Politiker „in sträflicher Weise die Warnungen des Bundesrates vom Tisch gewischt“. Auch die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, daß diese Maßnahme nicht schon vorher getroffen worden war. Die Erklärung der britischen Regierung sei „nichts Neues“ gewesen.

Seehofer begründete das Verbot damit, daß Großbritannien auch nach den besorgniserregenden Neuigkeiten vom Mittwoch keine angemessenen Maßnahmen ergriffen habe. Voraussetzung sei jedoch gewesen, daß auch andere Länder Verbote erlassen hätten, so Seehofer. Dadurch sei die Gefahr, daß britisches Rindfleisch über Umwege nach Deutschland transportiert werde, praktisch ausgeschlossen. Eingeschlossen in das Importverbot sind außer lebenden Tieren und Rindfleisch auch Tiermehl sowie Kosmetika und Arzneimittel, die Körperbestandteile von Rind, Schaf oder Ziege enthalten. Milch und Milchprodukte dürfen weiter eingeführt werden, da durch sie nach Meinung der englischen Wissenschaftler keine Übertragung möglich ist. Das gleiche gelte für Gelatine, bei der die Erreger durch das Erhitzen abgetötet werden würden.

Ebenso ist die Einfuhr von Rindfleisch aus der Schweiz verboten worden, weil es auch dort originäre BSE-Fälle gegeben hat. Deutsches Rindfleisch gelte nach wie vor als sicher, betonte Borchert gestern. Es habe bisher keinen BSE-Fall bei einheimischen Tieren gegeben. Allerdings seien bei importierten britischen Rindern vier Fälle bekanntgeworden, in denen die Tiere getötet wurden. Borchert empfahl, jetzt den gesamten Bestand britischer Herkunft in Deutschland zu schlachten.

In Großbritannien haben inzwischen rund ein Drittel aller Schulen Rindfleischprodukte aus ihren Speiseplänen gestrichen. Auch große Supermärkte kündigten an, auf importierte Ware umzustellen. Simone Bartholomae