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: Keine neuen Thesen aus Wittenberg

Vieles hat sich am Wochenende ereignet, zu dem wir noch eben schnell unsere Meinung (Demokratie baucht Meinungsvielfalt!) nachtragen wollen. So freut uns, daß die „Tunnelgangster von Berlin“ dem Marktführer RTL das edle Wasser des Quotenflusses eher abgegraben haben: Nur mäßige 4,45 Millionen Zuschauer – und damit nur Platz 8 auf der nach unten offenen Skala des Zuschauergeschmacks.

Ebenfalls beruhigend finden wir, daß die Teilnehmer der „Wittenberger Gespräche“ vom Wochenende nicht wirklich neue Thesen zur Zukunft der Medien an die Kirchentore der Lutherstadt schlugen: Die Forderung von Rita Süssmuth, die ethischen Grundsätze in den Medien einzuhalten, unterschreiben wir selbstverständlich prompt. Interessieren täte uns allein das Wie. Auch das Glaubensbekenntnis des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Reinhard Höppner, der sich für den Erhalt der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten aussprach („Eine demokratische Gesellschaft braucht eine Vielzahl der Meinungen und Nischen, in denen auch Minderheiten zu Wort kommen“), beten wir gern mit.

Und belehrt uns ein kurzer Blick in das heutige TV-Programm nicht, daß tatsächlich alles, aber auch jede Minderheit mal wieder ihre Nische gefunden hat? Beim MDR werden ab 20.45 Uhr Freunde des Erzgebirges in ihrer Meinung bestätigt: „So klingt's bei uns im Arzgebirg“, während Nordlichter sich um 20.15 Uhr „Bi uns to Hus“ basisdemokratisch versammeln. Der WDR sendet um 19.45 Uhr einen „Hilferuf“ zum Thema: „Im tiefen schwarzen Loch der Depression“. Und das von der Bauwut schon ganz depressive Berlin findet Hilfe bei IA: „So geht's! Bauen & Wohnen“ (19.30 Uhr). Wollen hoffen, daß Bausenator Jürgen Klemann (CDU) sich die Zeit nimmt ...

Wundern tut uns allerdings, daß sich Dieter „Thomas“ Heck heute die Zeit nimmt, in „Das ist Ihr Leben“ (20.15 Uhr, ZDF) so vorzeitig auf das künstlerische Wirken von Wolfgang Fierek rückzuschauen. Glaubt man in Mainz etwa, zu Fiereks Sechzigstem nicht mehr auf Sendung zu sein?