Verlockender Club der Euro-Banker

■ Italien will bei der Einheitswährung mit dabeisein, aber nichts dafür tun. Verzicht auf Währungsschwankungen wäre Alptraum für die ohnehin lahmende Industrie

Der Blick ist fest in die Ferne gerichtet, die Worte zeigen tiefe Entschlossenheit: „Natürlich wird Italien“, sagt Susanna Agnelli, Außenministerin der Republik und turnusmäßige Vorsitzende des EU-Ministerrats, „den Weg zur Realisierung der Normen mit der bisher gezeigten Striktheit weitergehen und so in der ersten Gruppe jener sein, die die gemeinsame Währung realisieren.“

Lamberto Dini, amtierender Ministerpräsdent, setzt zu ähnlichen Sprüchen gar sein feinstes Lächeln ins verfaltete Gesicht: „Ich kann mir ohne weiteres die Rückkehr in die gemeinsame Währungsschlange vorstellen – sofort.“ Den Satz wiederholt er gleich mehrere Male, und zwar immer wortwörtlich, so daß am Ende niemandem klar wird, ob er das „sofort“ auf die Rückkehr in die Währungsschlange oder nur auf seine Vorstellung bezieht.

Nur der oberste Währungshüter der Nation, Notenbankgouverneuer Fazio, wackelt bedenklich mit dem Kopf: Seiner Meinung nach sei Italien zwar auf dem richtigen Weg, doch „das Ziel ist noch weit entfernt, ja noch nicht einmal so recht in Sicht.“ Derlei grundverschiedene Ansichten über Italiens Euro-Tauglichkeit führen Regierungspolitiker schnell auf eine alte Rivalität zwischen dem Notenbanker und dem Regierungschef zurück – denn der war früher Fazios Untergebener. Tatsache ist, daß diese von der Notenbank geäußerte Einschätzung auch von den meisten internationalen Beobachtern geteilt wird.

Italiens Eiertanz belastet jedenfalls zunehmend auch die Vorbereitung des EU-Gipfels Ende dieser Woche in Turin. Mit viel Worten und meist schiefen Gesundbetereien („Kohl kann sich ein Europa ohne Italien gar nicht leisten“) suchen die Italiener nach dem berühmten Hintertürchen, durch das sie doch noch in den exklusiven Club der Euro-Banker hineinschlüpfen können. Am meisten plagt sie dabei derzeit nicht, daß Italien bei den meisten Parametern ums Doppelte, ja gar ums Vierfache danebenliegt: Das momentane Hauptproblem ist, daß 1998 die Erlaubnis zum Beitritt nur erhält, wer mindestens zwei Jahre zuvor in die europäische Währungsschlange integriert ist. Das aber bedeutet, daß die Italiener just bis zum Gipfel am Wochenende verbindlich in diese Schlange zurückkehren müssen. Dann aber müßte das Land sofort auf die bisherigen Währungsschwankungen verzichten, die man nach außen zwar beklagte, doch für den Export höchst gewinnbringend nutzte.

Für die sowieso stark lahmende Industrie wäre die Kursbegradigung ein Alptraum. Kein Wunder, daß die italienischen EU-Verwalter daher der Meinung sind, diese Zutrittsvorklausel sei doch gar nicht so wichtig, eigentlich gehöre sie gar nicht zum Vertragskern. Man könne den Termin daher ruhig ein bißchen hinausschieben. Fraglich, ob sich die stärkeren Länder darauf einlassen werden: Viele von ihnen halten die „Schlangen“- Vorschrift für ein absolut verbindliches Vertragsstück und betonen, daß im Falle einer Änderung alle Länder das Werk neu ratifizieren müßten – was angesichts der gesunkenen Europabegeisterung in einer Reihe von Mitgliedsstaaten heute nicht mehr so sicher wäre.

Angesichts solcher Aussichten greifen Italiens Politiker dann am Ende sogar zu Drohungen. „Wenn Ihr uns draußen laßt“, so warnen düster hohe Beamte des italienischen Außenministeriums, „dann wird sich um Italien ein eigenes Zentrum bilden, das Euch das Fürchten lehrt.“

Bislang reagieren die anderen EU-Länder auf derlei mit nachsichtigem Lächeln. Sie sollten sich vorsehen. Italien kann, in die Enge getrieben, auch mal wirklich gefährlich werden. Werner Raith, Rom