Versöhnen statt kämpfen

■ Die palästinensische Führung legt einen Entwurf für eine neue Charta vor

Tel Aviv (taz) – Einst hieß es bei der PLO, Israel gehöre zerstört – nun propagiert die palästinensische Führung die friedliche Koexistenz zwischen Palästinensern und Israelis. Im Entwurf einer neuen palästinensischen Charta heißt es, beide Völker trügen „aufgrund von Gegenseitigkeit die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Sicherheit“. Der jetzt von einem Sonderausschuß von Experten des palästinensischen Nationalrates unter Vorsitz des Juristen Anis al-Kassim fertiggestellte Entwurf soll die Charta des palästinensischen Nationalrats aus dem Jahre 1968 ersetzen.

Die palästinensische Tageszeitung al-Balad (Das Land) veröffentlichte Passagen des neuen Textes. Der Entwurf soll in erster Instanz vom PLO-Exekutivausschuß gebilligt werden und dann dem palästinensischen Nationalrat vorgelegt werden. Voraussichtlich wird der Nationalrat dazu in etwa einem Monat einberufen werden. Die israelische Regierung hat den Ratsmitgliedern, die mehrheitlich noch im Exil leben, Einreiseerlaubnisse in die palästinensischen Autonomiegebiete am Westufer und im Gaza-Streifen erteilt. Die alte Charta kann nur von einer Zweidrittelmehrheit des Nationalrats geändert werden.

In dem alten Text wurde zum Kampf gegen den zionistischen Staat aufgerufen und zur Befreiung des gesamten Palästina. In dem Entwurf zu dem neuen Dokument heißt es dagegen: „Das palästinensische Volk verpflichtet sich, in Sicherheit und Frieden mit dem israelischen Volk zu leben.“ Der zukünftige souveräne, demokratische palästinensische Rechtsstaat werde sich verpflichten, den israelischen Staat zu respektieren. Wo die Grenzen des palästinensischen Staates (den Israel derzeit noch ablehnt) verlaufen sollen, steht nicht in dem Text. Dafür ist von einer möglichen Vereinigung zwischen Jordanien und Palästina die Rede. Die Form eines solchen Zusammenschlusses müsse von JordanierInnen und PalästinenserInnen bestimmt werden.

In der Einleitung des neuen Grundsatzdokuments wird Palästina als Heimatland des palästinensischen Volks definiert, das ein untrennbarer Teil der arabischen Heimat sei. Das palästinensische Volk sei Teil der arabischen Nation. Zu PalästinenserInnen erklärt der Text jene „arabischen Bürger, die bis zum Jahre 1947 ihren festen Wohnsitz in Palästina hatten, unabhängig ob sie anschließend von dort vertrieben wurden oder nicht“, sowie Kinder palästinensischer Väter, die nach diesem Datum innerhalb oder außerhalb Palästinas geboren wurden.

Jassir Arafat läßt seine Beamten sparen

Der Präsident der palästinensischen Autonomie, Jassir Arafat, hat die Gehälter der Angestellten seiner Selbstverwaltungsbehörden um fünf Prozent kürzen lassen. Mit dem Geld soll PalästinenserInnen geholfen werden, deren Existenz durch die anhaltende Abriegelung des Gaza-Streifens durch Israel bedroht ist. Von den Kürzungen sind auch Sicherheitsdienste und Polizei betroffen. Die vor allem durch die Absperrungspolitik verursachte Arbeitslosigkeit beträgt laut palästinensischen und israelischen Angaben zwischen 70 und 80 Prozent. Amos Wollin