Senat ausgetrickst

■ PUA-Zeuge: RAF-Umfeld angedichtet, um Stellen für E-Schichten durchzusetzen

Um 1988 die berüchtigten Polizeisondertruppen „E-Schichten“ in den „Problemvierteln“ Schanze, St. Pauli und Ottensen durchzusetzen, wurden binnen weniger Tage autonome Zechpreller zu RAF-Sympathisanten hochstilisiert. Das jedenfalls geht aus den Aussagen von Manfred Elsner, damaliger Leiter der Abteilung für öffentliche Sicherheit in der Innenbehörde hervor, der am Dienstag abend vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß (PUA) Polizeiskandal aussagte.

Nach den autonomen Störaktionen anläßlich des Weltwirtschaftsgipfels in der Hamburger Katholischen Akademie, die die Polizei nicht verhindern konnte, hätte Bürgermeister Henning Voscherau Innensenator Werner Hackmann den Auftrag erteilt, „etwas zu tun“, so Elsner. Eine Woche vor der entscheidenden Senatssitzung hätte es jedoch noch kein Konzept gegeben. Er, Elsner, hätte vorgeschlagen, einige Beamte für Sonderaufgaben abzustellen: Sie sollten bei autonomen Straftaten wie Zechprellerei – als Protest gegen die Yuppiesierung der Szeneviertel – deeskalierend tätig werden. Statt eine Hundertschaft Bereitschaftspolizei anrücken zu lassen, sollten orts- und milieukundige Beamte einfach eine Anzeige aufnehmen.

Doch es kam anders. Weil man mit der politisch motivierten Zechprellerei kaum mehr als ein paar wenige Extrastellen hätte durchsetzen können, wurde zum Schreckgespenst des Terrorismus gegriffen. Eine „Stärkung des RAF-Umfeldes“ sei zu beobachten, hieß es in einer Senatsdrucksache vom 30.9.88. Man forderte „handlungsfähige geschlossene Einheiten“. Gefragt, wie er sich das erklären könne, sagte Elsner, man habe wohl eine möglichst „diskussionslose Zustimmung im Senat“ erreichen wollen. Er jedenfalls habe das nicht formuliert; das sei die Sprache des Verfassungsschutzes. 74 Stellen für drei Sondereinheiten wurden damals geschaffen. Die E-Schichten wurden 1994 offiziell abgeschafft und kurzerhand in „P-Schichten“ umgetauft. Silke Mertins