Die Bremer Kinotaz... ...alle Filme, alle Termine

12 Monkeys USA 1995, R: Terry Gilliam, D: Bruce Willis, Madeleine Stowe, Brad Pitt

Plötzlich kommt ein riesiger Fuß aus dem Himmel und zertritt alles auf der Erde. Dies ist die Schlüsselsequenz des Regisseurs Terry Gilliam, der sie in seinen Zeichentrickfilmen für „Monty Python's Flying Circus“ immer wieder animierte und auch seine Spielfilme nach dem gleichen Prinzip aufbaut. In seinem neuen Film ist sein Fuß aus den Wolken so groß wie noch nie vorher: Er vernichtet gleich 5 Milliarden Menschen, die im Jahre 1996 von einer Viren-Katastrophe dahingerafft werden. Im Jahr 2035 vegetieren die wenigen Überlebenden in einem ewig dunklen Unterwelt-System und der Häftling James Cole wird mit einer klapprigen Zeitmaschine in die Vergangenheit geschickt, um dort den Ursprung der Apokalypse zum untersuchen. Gilliam schlägt hier so viele irrsinnige Haken, daß man bis zur letzten Szene nie genau weiß, was man da eigentlich ansieht: einen Fiebertraum, ein Menetekel oder einen futuristischen Thriller? (hip) Schauburg, UT-Kino, Atelier-Filmtheater (OL)

A

André USA 1994, R: George Miller, D: Keith Carradine, Tina Majorino

„Ein kleines Mädchen kämpft in den 60er Jahren für ihr Haustier: einen Seelöwen namens Andre. Ein netter Familienfilm auf den Spuren von „Free Willy“ und „Flipper“ mit versteckter Message: Rettet die Seelöwen!“ (TV-Spielfilm) Atlantis

Apollo 13 USA 1995, R: Ron Howard, D: Tom Hanks, Bill Paxton, Kevin Bacon

„Ein Satz des Schriftstellers William Dean Howell erklärt den phänomenalen Erfolg des Film in den USA: Was das amerikanische Publikum will, ist ein Tragödie mit einem glücklichen Ende.“ (Observer) Ufa-Stern

B

Braveheart USA 1995, R: Mel Gibson, D: Mel Gibson, Sophie Marceau

„Gibsons brillante Idee ist es, die epischen Qualitäten des Stoffes voll auszuspielen (tragische Romanze, übermenschlicher Heldenmut, verschwenderische Aufnahmen und tausende von Statisten) und all dem einen schwungvollen, zeitgenössischen Kick zu geben. So ist „Braveheart“ auch ein explosiver Actionfilm. Man sollte ihn gar nicht erst mit dem farblosen „Rob Roy“ vergleichen, sondern mit „Stirb Langsam“. (New York Times) Atelier und Ufa-Stern

C

Casino USA 1995, R: Martin Scorsese, D: Robert De Niro, Sharon Stone

„Während er die mit viel Gewalt angefüllte Geschichte von zwei guten Freunden und der Frau, die sie auseinanderbringt, erzählt, hat Scorsese offenbar keine neue Einsichten in die amoralische Lebensweise seiner Protagonisten gefunden. Ja, die Inszenierung ist packend und virtuos, wie fast immer bei Scorsese, aber statt die Themen des Films expressiv zu verschmelzen, lenkt sein cineastisches Feuerwerk uns hier nur von dem Vakuum ab, das sich im Kern des Films auftut. Dies ist ein leerer, langatmiger Film, ein enttäuschender Neuaufguß seiner brillanten früheren Arbeiten.“ (Worldpremiere) City, Ufa-Palast, Atelier-Filmtheater (OL)

Chungking Express Hongkong 1994, R: Wong Kar-Wai, D: Brigitte Lin Chjing, Tony Leung, Faye Wang

„Wong Kar-Wais Film erzählt zwei nur lose miteinander verknüpfte Geschichten - beide über liebeskranke Polizisten, die sich mit Frauen einlassen, die nicht gut für sie sind. Takeshi Kaneshiro versucht Brigitte Lin in einer Nachtbar kennenzulernen, ohne zu wissen, daß sie eine Herionschmugglerin ist, die einigen Kuriern nachjagt, die mit den Drogen verschwunden sind. In der zweiten Geschichte verliebt sich die knabenhafte Faye Wang (ein neuer Star ist geboren) in den Streifenpolizisten Tony Leung und bricht, während er arbeitet, regelmäßig in seine Wohnung ein, um sie umzudekorieren. So waren früher einmal die Filme von Godard: schnell, aus der Hand gefilmt, witzig und sehr, sehr hip. In diesem Jahr der schönste Besuch im Heartbreak Hotel.“ (Time Out) Filmstudio

Der Club der toten Dichter USA 1989, R: Peter Weir, D: Robin Williams, Ethan Hawke

„Robin Williams gibt einer erstaunlich einfühlsame Vorstellung als ein eifriger, hingebungsvoller Lehrer in den späten 50er Jahren. Der Film ist ein gutes Beispiel für konservative Handwerkskunst: er konzentriert sich auf das Offensichtliche und verwandelt sich selbst in einen Klassiker - komplett mit goldenes Schleife.“ (Pauline Kael) Gondel

Copykill USA 1995, R: Jon Amiel, D: Sigourney Weaver, Holly Hunter

„Ihre Spannung bezieht die raffiniert angelegte Story aus einem Katz- und Maus-Spiel, in das der Zuschauer gnadenlos hineingezogen wird. Die Greueltaten bleiben glücklicherweise weitgehend der Phantasie der Zuschauer überlassen. Daß darüber hinaus mit Sigourney Weaver und Holly Hunter zwei starke Frauen die Hauptrollen spielen, ist ein weiterer Pluspunkt dieses Psychothrillers. „Copykill“ kann es in mancher Hinsicht mit dem „Schweigen der Lämmer“ aufnehmen.“ (TV-Spielfilm) Modernes, Ufa-Stern

E

Ein Schweinchen namens Babe USA 1995, R: Chris Noonan, D: James Cromwell, Magda Szubanski

„Das muß man erstmal auf die Beine stellen: Sprechende Tiere in einem Spielfilm, und das als Unterhaltungsstück für alle von 8 bis 80. Chris Noonan setzte diese unverfrorene Viecherei beschwingt und schweinisch gut in Szene.“ (Bremer) Kino 46, Schauburg, UT-Kinocenter, Ufa-Stern, Atelier-Filmtheater (OL) und Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshsn.)

Eins und eins macht vier USA 1995, R: Andy Tennant, D: Deborah Dean Davis, Mary-Kate u. Ashley Olsen, Kirtie Alley

„Weil sie sich zum Verwechseln ähnlich sehen, fassen die Waise Amanda und die Halbwaise Alyssa einen Plan: Für einen Tag tauschen sie die Rollen. Das brav inszenierte Märchen vom doppelten Lottchen erfreut durch die putzigen Zwillinge und die süße Kirstie Alley.“ (TV-Spielfilm) City, UT-Kinocenter

Der Engländer, der auf einen Hügel stieg und von einem Berg herunterkam Großbritannien 1995, R: Christopher Monger, D: Hugh Grant, Colm Meany

„Dieser Film hat etwas, das man ansonsten eher Menschen zuschreibt: innere Werte. Hugh Grant zieht mit seinem hilflosen Kleinjungendackelblick, dem linkischen Achselzucken und dem spitzbübisch grübchenbildenden Lächeln seine zwischenzeitlich hinlänglich strapazierten Register als richtiger Mann am falschen Ort, den man liebzuhaben hat.“ (epd-Film) Ufa-Stern, Apollo (WHV)

F

Familienfest und andere Schwierigkeiten USA 1995, R: Jodie Foster, D: Holly Hunter, Anne Bancroft

„Diese ist ein Frontbericht vom Zusammenprall unterschiedlicher Charaktere. Man muß sich ja nicht mögen, schließlich ist man miteinander verwandt. Der eine oder andere bittere Moment der Wahrheit kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß Jodie Foster im Grunde eine Hymne an Nestwärme und Familienwerte gelungen ist, die mit einem Schuß Sentimentalität menschliche Schwächen beobachtet, ohne diese bloßzustellen.“ (D. Lackner) Schauburg und UT-Kino

H

Happy Weekend Deutschland 1996, R: Ed Herzog, D: Erik Goertz, Anton Rattinger

„Regiedebütant Herzog beleuchtet in seinem Lustspiel das Berufs- und Privatleben des polygamen Polizisten Joachim Krippo, eines jungen Mannes, der Sex bevorzugt mit Pärchen praktiziert. Durch seinen leicht abnorm veranlagten Kollegen Horst, einen Hundeliebhaber mit Faible für Latexunterwäsche, wird Krippo in komische kriminelle und sexuelle Abenteuer verstrickt, wobei er eine zunehmende Aversion gegen Gummi-Erotik entwickelt.“ (tip) Ufa-Stern

Heat USA 1995, R: Michael Mann, D: Robert De Niro, Al Pacino

„Clever war es, „Heat“ tatsächlich als Tragödie zu inszenieren. Michael Manns Film ist das klassische Drama zweier ewig zweifelnder, fatalistischer Männer, eingebettet in einen effizient und spannend gedrehten Thriller. Die Geschichte zweier tragischer Helden, die in dem festen Glauben, die Welt würde nach den von ihnen entworfenen Regeln funktionieren, Sympathieträger und Loser zugleich sind. Zum Schluß möchte man niemanden sterben sehen, so sehr sind die Grenzen zwischen Gut und Böse ambivalent geworden, ist das Scheitern im Menschlichen in den Vordergrund gerückt. Ein großer Film.“ (taz) Schauburg, UT-Kinocenter, Ufa-Palast

Hera Linds – Das Superweib Deutschland 1995, R: Sönke Wortmann, D: Veronica Ferres, Joachim Krol

„Ein Bestsellerautor, ein Erfolgsregisseur, eine bewährte Besetzung, ein dynamischer Produzent: Was soll da schiefgehen ? Hera Linds Erfolgsroman „Das Superweib“ lieferte Sönke Wortmann und Produzent Bernd Eichinger die Vorlage für die Komödie um Franziska, die durch Zufall zur Bestsellerautorin wird. Wortmann ist sicher einer der talentiertesten deutschen Komödienmacher. Das merkt man auch dem Film an, obwohl alles ein bißchen nach Routine riecht.“ (TV-Spielfilm) UT-Kinocenter, Ufa-Palast und Atelier-Filmtheater (OL)

J

Jumanji USA 1995, R: Joe Johnston, D: Robin Williams, Bonnie Hunt, Kirsten Dunst und die Drolly Dinos

„Viel Trick-Getöse in einer netten Story ohne Tiefgang.“ (Prinz) UT-Kino, Ufa-Palast und Atelier-Filmtheater (OL)

L

Leni Deutschland 1993, R: Leo Hiemer, D: Hannes Thanheiser, Christa Berndl

Allgäu 1938. Eine wahre Geschichte. Und traurig. Inmitten wortkarger Rituale und saftiger Wiesen wächst die Leni auf. Die jüdische Mutter überließ das Baby der Fürsorge frommer Schwestern, die gaben es den Eibeles zur Pflege. Leo Hiemer vermeidet es dankenswerterweise, süßliche Bilder der süßen kleinen Leni aneinanderzureihen, nach der alten Kino-Weisheit, Tiere und kleine Kinder gehen immer. Klug auch, wie er der Gefahr papierender Dialoge entrinnt, indem er den Leuten einfach Redensarten in den Mund legt, nachdem er ihnen aufs Maul geschaut hat. (Mu) Atelier

Der Lockvogel Frankreich 1995, R: Bertrand Tavernier, D: Marie Gillain, Olivier Sitruk

„Das ist die Funktion ds Lockvogels: Natalie öffnet die Türen für Eric, den eifersüchtigen Freund, und für Bruno. Aber die Raubzüge kippen sofort um in rohe Vernichtung. Marie Gillain zeigt überzeugend, wie Nathalies nacktes Herumturnen in der Wohnung die Spannung anheizt, die zur Tat führt – und die Tat kapituliert ihr zynisches Verhältnis zum Versprechen, das ihr Körper darstellt. Von der Balance aus Fiktion und Dokument lebt dieser Film, der nichjt im Geringsten mit dem Verbrechen kokettiert, von dem er erzählt. Wenn man wieder draußen ist, fühlt sich der Magen an wie ein Stein.“ (taz) Modernes

M

Männerpension Deutschland 1995, R: Detlev Buck, D: Detlev Buck, Til Schweiger, Heike Makatsch

„Männerpension zeugt davon, daß Buck auch anders kann. Er hat dazugelernt, ist mutiger geworden. Tauchten die guten alten Kinoklischees in seinen bisherigen Filmen allenfalls als närrische Parodien auf, so spielt er diesmal souverän damit, traut sich was. Zwecks Resozialisierung wird eine Gruppe von Knackis der Obhut alleinstehender Frauen überlassen. Das ist der Auftakt zu gleich zwei leidenschaftlichen Liebesgeschichten - die eine knistert von Erotik, die andere ist mehr was fürs Herz.“ (tip) Cinema, City und Atelier-Filmtheater (OL)

N

Nelly & Monsieur Arnaud Frankreich 1995, R: Claude Sautet, D: Emmanuelle Beart, Michel Serrault

„So schön wie die Menschen und so gediegen wie ihre Wohnungen sind auch Sautets Bilder, die Kamera ist ruhig und hoheitsvoll. Alles unter Kontrolle in dieser schönen Welt voller Bilder und Bücher. Einziges Vergnügen in der geballten Bildungsbürgerlichkeit ist Michel Serrault, während Emmanuelle Beart die ganze Zeit aussieht, als wolle sie sich jeden Augenblick die Nägel lackieren.“ (tip) Atelier

Nico-Icon Deutschland 1995, R: Susanne Ofteringer

„Ein Lebensportrait von ihr gleicht eher einer Freakshow als einer Ikone“ sagt zu Beginn des Films ein Musiker aus Nicos Band in den 80er Jahren und bringt damit die Wirkung dieses Films auf den Punkt. Das Erstaunliche dabei ist nur, daß dieser Gegensatz aufgehoben ist: die ehemaligen Liebhaber, Verwandte, Künstler und Musiker können noch so schockiernde und ungeschminkte Wahrheiten über sie erzählen, die Ikone Niko bleibt davon völlig unbeschadet. Sie wird sogar mit jedem deprimierendne Detail noch verführerischer und monumentaler. Ohne die Freakshow wäre Nico nichts. Diese düstere Faszination zelebriert die Regisseurin Susanne Ofteringer geschickt in ihrem Dokumentarfilm. Nicos Todessehnsucht schwingt bei jeder Einstellung mit und so ist es die erschreckende Konsequenz diese Films, daß die Lebensgeschichte von Nico mit dem frühen Tod 1988 als eine Erfolgsstory endet. (hip) Kino 46

Niki de St. Phalle Deutschland 1994, R: Peter Schamoni, D: Niki de Saint Phalle, Jean Tinguely

Die französisch-amerikanische Künstlerin Niki de Saint Phalle erzählt von ihrem Leben, ihrem Werk und der Zusammenarbeit mit ihrem 1991 verstorbenen Ehemann, dem Kinetikkünstler Jean Tinguely. Cinema

Nixon USA 1995, R: Oliver Stone, D: Anthony Hopkins

„Virtuos auch die Montage von Spiel und Dokumentation bei Nixons Unterredungen mit den Großen dieser Welt, allen voran mit dem Vorsitzenden Mao. Aber selbst hier, wo Geschichte auf der Schichtl-Bühne abgehandelt wird, gönnt Stone uns kein bißchen ironische Distanz. Er packt uns bei unseren voyeuristischen Bedürfnissen, dem übermächtigen Verlangen, durchs Schlüsselloch zu gucken, wenn die Staatenlenker Schicksal spielen. Seine Montagetechnik zielt auf Suggestion. Befreiendes Gelächter ist nicht vorgesehen.“ (taz) City

P

Peanuts – die Bank zahlt alles Deutschland 1995, R: Carlo Rola, D: Heinz Schenk, Ulrich Mühe, Iris Berben, Rüdiger Vogler

„Der Vorspann bringt es auf den Punkt: „Ähnlichkeiten mit lebenden, flüchtigen oder einsitzenden Personen sind rein zufällig, aber unvermeidbar.“ Daß hinter der Figur des glücklosen Bauunternehmners Jochen Schuster der betrügerische Immobilienspekulant Jürgen Schneider steckt, wird nicht sofort klar. Und rein optisch ähnelt der vorzügliche und immer noch unterschätzte Ulrich Mühe eher dem Ex-Bayern-Coach Dettmar Cramer als jenem Schneider. Ohne sehr zu übertreiben: “Schtonk!“ hat in Carlo Rolas Satire einen würdigen Nachfolger gefunden. Denn zum Glück ist den Drehbuchautoren Peter Zingler und Eberhard Junkersdorf der gefährliche Balanceakt zwischen scharfem Witz und schenkelklopfender Plumpheit gelungen.“ (V. Bleek) Ufa-Stern

Pippi außer Rand und Band Deutschland/Schweden 1970, R: Olle Hellbom, D: Inger Nilson

Der vierte Film der Serie mit der frechen Superheldin von Astrid Lindgren, die mit dieser Figur vielleicht mehr für die antiautoritäre Erziehung erreicht hat als all die Kindergruppen in den 60ern zusammengenommen. Gondel

Q

Quiz Show USA 1994, R: Robert Redford, D: John Turturro, Ralph Fiennes

„Die ultimative Desillusionierung vor dem Hintergrund der TV-Game-Shows. Robert Redford läßt die Kontrahenten Turturro und Fiennes im Spiel um Geld und Wissen gegeneinander antreten, demaskiert die vermeintlichen Gewinner und Verlierer. Die Geschichte spielt in den 50er Jahren, als der amerikanische Traum via Bildschirm in die Wohnzimmer zog. Doch über die Macht der Fernseh-und Quotenmacher wacht der integre Staatsanwalt. Bis zum letzten Statisten ein perfekt besetzter Film, durch und durch moralisch.“ (taz) Gondel

R

Radio Star – die AFN-Story BRD 1994, R: Hannes Karnick, Wolfgang Richter

„Dies ist ein atemberaubender Abriß einiger Jahrzehnte aus der Geschichte des amerikanischen Senders, der 1943 gegründet wurde, um die amerikanischen Truppen bei Laune zu halten. Karnick und Richter erzählen diese „AFN-Story“ mit weitgehend unbekanntem Archivmaterial und Interviews mit ehemaligen DJs. Sie erzählen auch, was nicht gesendet werden durfte, während des Vietnam-Kriegs etwa Songs wie „Give Peace a Chance“. Das Beeindruckende an „Radio Star“ ist, daß er nicht wie z.B. viele Komplilationsfilme über die ehemalige DDR die vermeintliche Exotik einer bestimmten Zeit ausbeutet, sondern auch die Rezeption des Senders und damit den - zumindest älteren -Zuschauer mit einbezieht. Der Film ist so schnell geschnitten wie die Programme des Senders, in denen die DJs auch immer in Anfang und Ende eines Songs hineinsprachen.“ (epd-Film) Kino 46

Richard III Großbritannien 1995, R: Richard Loncraine, D: Ian McKellen, Annette Benning, Robert Downey Jr.

„An die vier Stunden braucht ein halbwegs solider Theaterregisseur, um Aufstieg und Fall von Shakespeares fiesestem Finsterling auf der Bühne nachzuerzählen. Der Brite Richard Loncraine schafft es in seiner arg gerafften Kino-Verson in 104 Minuten. Er verlegt den Rosenkrieg in die dekadenten dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts: Schnieke Royals rauchen Kette, gönnen sich schon mal eine Ampulle Morphium und walzen zum sinnliche Sound der Big Band. Richard meuchelt als buckliger Beau von abgefeimter Eleganz. Nachdem er die störende Verwandtschaft aus dem Wege gemordet hat, mausert sich der clevere König in dieser bemerkenswert konsequenten Leinwandfassung zum Fascho-Diktator mit Standarten-Parade und Schwarzhemd-Bataillonen. Die Opposition bläst zum gerechten Kampf und der umzingelte Despot stöhnt in seinem heißgelaufenen Jeep glaubwürdig wie noch nie: Ein Pferd, ein Pferd. Ein Königreich für ein Pferd." (Der Spiegel) Gondel

S

Die Schelme von Schelm Frankreich/Deutschland/Ungarn 1995, R: Albert Hanan Kaminski

„In dieser ersten Trickfilm-Adaption der Schelmen-Geschichten von Issac B. Singer dreht sich alles um die vorbehaltlos naiven Dorfbewohner des imaginären Ortes Schelm. Der zugereiste Waisenjunge Aaron rettet mit Hilfe seiner Ziege und eines freundlichen kleinen Hausgeistes die Stadt vor dem Fluch des bösen Zauberers. Ein Film voller Weisheit und Humor.“ (tip) Ufa-Palast

Schnappt Shorty USA 1995, R: Barry Sonnenfeld, D: John Travolta, Gene Hackmann

„Der sarkastische Grundton des Schriftstellers geht leider in den meisten Filmen, die auf seinen Büchern basieren, verloren, aber Barry Sonnenfelds Film fängt seine souveräne Lakonie schön ein. Und weil „Schnappt Shorty“ auch von Hollywood erzählt, paßt hier auch ideal sein etwas hinterhältiger Spott, der dem Film seinen komischen Schwung gibt. Der Witz dabei ist, daß Chili ein eingefleischter Cineast ist und es liebt, von den smarten Gangsterfilmen zu erzählen, die ihm so gefallen. „Schnappt Shorty“ gehört mit auf seine Liste.“ (New York Times) Ufa-Palast, UT-Kinocenter

Die Schwanenprinzessin USA 1994, R: Richie Rich

„Als wahrer Zuckerbäcker erweist sich Richard Rich mit seinem ersten langen Zeichentrickfilm. Bei der Erzählung einer fantastischen Liebesgeschichte von der verzauberten Prinzessin, die nur von dem geliebten Prinzen befreit werden kann, wagt er sich bis an die Grenze des guten Geschmacks vor. Das Ergebnis dieser gekonnten Gratwanderung ist ein rührendes Märchen mit allem, was dazugehört.“ (tip) Schauburg

Sinn und Sinnlichkeit England 1995, R: Ang Lee, D: Emma Thompson, Hugh Grant u.a.

Was der taiwanesische Regisseur Ang Lee aus dem britischen Klassiker von Jane Austen gemacht hat, ist bewunderswert. Statt aus der episch breiten Story um die Dashwood-Schwestern und ihrem Liebeswerben eine flache Ausstattungs-Orgie a la Merchant Ivory zu machen, hat Ang Lee so viel Laura Ashley-Atmosphäre wie nötig und so viel ironische Distanz wie möglich in seinen Film gesteckt. Wobei Emma Thompson als verstandesgeleitete Elinor um Hugh Grant (von Ang Lee am Herumkaspern wirksam gehindert) wirbt und ihre Schwester Marianne (Kate Winslet) sich Hals über Kopf in einen nicht ganz ehrenhaften Beau verliebt. (Mu) Europa, Casablanca (OL)

Stadtgespräch Deutschland 1995, R: Rainer Kaufmann, D: Katja Riemann, Kai Wiesinger

„Kaufmanns Komödie der Irrungen und Wirrungen versucht es auf die todsichere Tour: ein bißchen Riemann, ein bißchen Wiesinger, eine Prise Singlefrust, etwas schwule Romantik und ein paar krachende Pointen. Obwohl das Rezept nicht ganz aufging, kann der Film dennoch munden.“ (tip) Ufa-Stern und Muwi-Filmkunst (OL)

Stille Nacht Deutschland 1996, R: Dani Levy, D: Maria Schrader, Jürgen Vogel

Eine Dreiecksgeschichte mehr, aber eine, die es in sich hat. Ein Hotelzimmer in Paris, von wo aus Christian (Mark Schlichter) seine große Liebe Julia (Maria Schrader) via Telefon und Fax mit liebes- und Haßbezeugungen traktiert, mit Drohungen und larmoyanten Lügengeschichten. Julia ist entschloßen, ihre Affäre mit Frank (Jürgen Vogel) zu beenden. Mit Wechselbad der Gefühle ist nur ansatzweise ausgedrückt, was der Schweizer Regisseur Dani Levi aus seinen Darstellern und seiner Story herausholt. Nachdem mittlerweile genügend neue deutsche Komödien zu Ruhm, Publikum und einem starken Verleih gekommen sind, wagt Levy sich ans Melodram. Kühle Atmosphäre und Persönlichkeitsstudien von analytischer Schärfe verbindet Levy mit großen Leidenschaften auf der nach oben offenen Emotions-Skala. Applaus für Levys konsequenten Stilwillen! (Mu) City

T

Toy Story USA 1995, R: John Lasseter

Von der Machart her ist „Toy Story“ mit keinem anderen Disneyprodukt zu vergleichen, denn diese ist der erste vollständig im Computer animierte Spielfilm. Das Ergebniss ist verblüfffend, denn die Filmfiguren bewegen sich so natürlich, dreidimensional und differenziert, wie es im Trickfilm bisher unmöglich war. Das Spielzeug scheint wirklich auf der Leinwand lebendig zu werden. Die Abenteuer von Woody & Buzz sind zwar nicht ganz so originell und witzig wie die handgekneteten von „Wallace & Gromit“, aber dennoch ist „Toy Story“ schönstes Unterhaltungskino. Und das nicht nur für Kinder, sondern auch für alle Kindsköpfe, die sich noch gerne an ihr eigenes Lieblingsspielzeug erinnern. (hip) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Atelier-Filmtheater (OL)

W

Wallace & Gromit – Unter Schafen Großbritannien 1995, R: Nick Park u.a. / der 2. Teil der Aardman Colection / Originalfassung ohne Untertitel

„Mein schönstes Kinoabenteuer in dieser Woche war die halbe Stunde, in der ich Nick Parks neustes Knet-Epos „A Close Shave“ angesehen habe, ein neues Abenteuer von Wallace, dem Erfinder aus Lancashire und seinem immer mitleidenden Hund Gromit. Es gibt da eine fantastische Straßenjagd, bei der Gromits Beiwagen sich vom Motorrad von Wallace ablöst und in ein Kampfflugzeug verwandelt - ganz wie bei Snoopy; ein boshaftes Lamm,und ein Puzzle, das in Gromits Zelle geliefert wird und, nachdem es zusammengesetzt wird, die Botschaft über die Flucht enthält. Als eine bemerkenswerte Mischung aus Kindlichem und Raffiniertem ist der Film in jeder Minute überraschend und originell.“ (Philip French, The Observer) Cinema, Atlantis, Casablanca (OL), Apollo (WHV); außerdem: Der 1. „Wallace & Gromit“-Film im Casablanca (OL) sowie Cinema

Wenn der Teufel in die Kirche kommt Bremen 1996, R: Eike Besuden, D: Die Blaumeiers

45 Minuten lange Dokumentation eines Filmteams von Radio Bremen über die Aufführung von „Fast Faust“ durch das Blaumeier-Atelier in der Kirche „Unser Lieben Frauen“. Schauburg

Der Wilde USA 1953, R: Laslo Benedek, D: Marlon Brando

„Der erste und beste Film eines schrecklichen Genres: des Motoradfilms. Dies ist der Film, mit dem Brando sein Image als entfremdeter, rebellischer Antiheld etablierte, obwohl er solche Charaktere nur einige Male in seiner Karriere spielte. In schwarzer Lederjacke ist Brando der übellaunige, nuschelnde Chef einer Motorradgang. Der Film hat einige gute Szenen, etwa Brandos außer Kontrolle geratenes Motorrad oder wie die Tochter des Sheriffs von den Halbstarken eingekesselt wird - und es macht Spaß, den noch sehr jungen Brando zu beobachten, aber ansonsten wirkt „The Wild One“ heute eher antiquiert und zahm.“ (Danny Peary) Kino 46