Slowakischer Premier will Kritiker knebeln

■ Parlament in Bratislava verabschiedet Gesetz zum Schutz der Republik

Wien (taz) – Kritische Journalisten und Oppositionspolitiker werden es in der Slowakei bald schwer haben, gefahrlos ihre Meinung zu sagen. Denn mit dem sogenannten „Gesetz zum Schutz der Republik“, das das Parlament in Bratislava am Dienstag abend gegen die Stimmen der Opposition verabschiedet, lassen sich Kritiker problemlos mundtot machen. Die Gesetzesnovelle gilt unter Beobachtern als ein weiterer Schritt auf dem Weg von Ministerpräsidenten Vladimir Mečiar zu uneingeschränkter Macht und Beschneidung der verfassungsmäßigen Grundrechte.

Haftstrafen von sechs Monaten bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe sieht das Gesetz für denjenigen vor, der „in der Absicht, die Verfassungsordnung, die territoriale Einheit oder die Verteidigungsfähigkeit der Republik zu verletzen oder ihre Unabhängigkeit zu zerstören, öffentliche Versammlungen von Bürgern organisiert“. Nach dem Entwurf sollen auch diejenigen bestraft werden, die „absichtlich falsche Informationen im Ausland verbreiten, die die Interessen der Slowakei beeinträchtigen“.

Faktisch wird damit ein 1989 abgeschaffter Paragraph aus kommunistischen Zeiten wieder eingeführt, der unter dem Stichwort „Aufwiegelung aus Feindschaft zur sozialistischen, gesellschaftlichen und staatlichen Ordnung“ genau das gleiche Strafmaß vorsah. Aufgrund dieses Gesetzes war der damalige Bürgerrechtler Václav Havel 1979 ins Gefängnis gekommen. Laut Ministerpräsident Vladimir Mečiar soll das Gesetz nicht gegen politische Gegner mißbraucht werden. Andererseits dürfe man „nicht mehr den gegenwärtigen Zustand dulden, wo jeder über den Staat sagt, was er will“.

Die Annahme des Gesetzes hatten die Nationalisten im Lager der Regierungspartei (HZDS) und der rechtsextreme Koalitionspartner „Slowakische Nationalpartei“ (SNS) zur Bedingung für die Ratifizierung des Grundlagenvertrages mit Ungarn gemacht. Dieser wurde am Dienstag abend vom Parlament ebenfalls ratifiziert. Der Vertrag, der unter anderem die Rechte der ungarischen Minderheit in der Slowakei schützen soll, war vor einem Jahr vom slowakischen Regierungschef und seinem ungarischen Amtskollegen Gyula Horn paraphiert worden. Nur das ungarische Parlament hatte den Vertrag bisher ratifiziert.

Der Grundlagenvertrag mit Ungarn ist eine der Voraussetzungen für eine spätere EU-Aufnahme der Slowakei. Zudem verabschiedete das Preßburger Parlament noch ein Zusatzdokument, das Gruppenrechte sowie Gebietsautonomie der 600.000 Ungarn in der Slowakei ausschließt.

Nach Auffassung der Opposition ist das Gesetz verfassungswidrig, weil es gegen die Meinungsfreiheit verstößt. Zur Not will man bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen. Iwan Horsky, Journalist bei der größten oppositionellen Tageszeitung Narodna Obroda: „Das sind Gummiparagraphen, damit kann jegliche Kritik unterdrückt werden. Besonders für uns Journalisten ist das ein unhaltbarer Zustand. Aber es gibt noch Hoffnung: Ich habe Hinweise darauf, daß der Staatspräsident Michal Kováć das Gesetz nicht unterschreiben wird.“ Ministerpräsident und Staatspräsident sind seit langem erbitterte Gegner. Daniel Asche