Run auf Biofleisch im Supermarkt

Dank BSE wird die Zusammenarbeit von Allgäuer Biobauern mit einer regionalen Supermarktkette zum Hit. Im nächsten Jahr wollen noch mehr Bauern auf Biozucht umsteigen  ■ Aus Kempten Klaus Wittmann

Bauer Gerhard Buchenberg schmunzelt. „Stimmt schon. Früher hab' ich die Biobauern auch etwas belächelt.“ Doch die Zeiten sind vorbei. Buchenberg wird jetzt selbst Biobauer, als einer von knapp 50 Landwirten im Oberallgäu, die sich dem sogenannten „Fenebergprojekt“ angeschlossen haben. Und Bäuerin Andrea Buchenberg findet es „einfach schön, wenn die Kälber bei der Mutter aufwachsen, im Stall frei rumlaufen und im Sommer auf die Weide dürfen“. Nicht nostalgische Verklärtheit hat sie und ihren Mann zum Umsteigen veranlaßt, sondern handfeste wirtschaftliche Überlegungen. Für das Biorindfleisch gibt es 50 Prozent mehr Geld als für herkömmliches Fleisch.

Die Kunden zahlen freilich nur etwa zwanzig Prozent drauf. Diese Differenz rührt daher, sagt Hannes Feneberg von der Geschäftsleitung der Supermarktkette, daß aufgrund der hohen Fleischqualität mehr Edelteile aus diesen Tieren gewonnen werden können. Höhere Fleischqualität und die Gewißheit, kontrollierte Ware einzukaufen – das kommt an, wie ein vierwöchiger Testlauf in 15 Filialen gezeigt hat. Nächstes Jahr, wenn das Biofleischprogramm erneut gestartet wird, werden schon fast fünfzig Bauern dabei sein, beim Testlauf waren es neun.

Zusammen mit Biobauern aus der Region wurde ein neuer Weg in der regionalen Direktvermarktung beschritten. Biofleisch aus dem Supermarkt – die Idee ist naheliegend, aber schwer zu verwirklichen. Denn die Bauern, die beim Fenebergprojekt mitmachen, müssen sich einem Verband für biologischen Anbau anschließen und darüber hinaus zusätzliche Kontrollen akzeptieren. Außerdem dürfen die Rinder nur aus einem Umkreis von maximal 70 Kilometern angeliefert werden, um die Tiertransporte zu minimieren und die regionale Vermarktung zu stärken.

Für die Landwirte ist „Biofleisch aus dem Supermarkt“ eine Riesenchance. Der Milchmarkt ist mehr als gesättigt, ein Problem, das die ganze Region kriseln läßt, in der die Milchwirtschaft eine enorm wichtige Rolle spielt. Vor allem für Nebenerwerbslandwirte ist sie zudem enorm zeitaufwendig und wenig rentabel. Der geringere Arbeits- und Zeitaufwand ist denn auch für viele der Grund dafür, künftig konsequent auf Biolandwirtschaft zu setzen. „Wir Bauern werden dann auch zum großen Teil unabhängig vom EU-Sumpf“, sagt Adi Sprinkart. Geschenkt bekommen die Landwirte ihr Geld freilich auch durch das Bioprogramm nicht. Die Ställe müssen umgebaut werden, damit die Kälber frei laufen können, und Unkrautjäten per Hand ist angesagt.

Ein Problem haben Feneberg und seine Biobauern noch: Sie können nicht auf Anhieb soviel echtes Biofleisch von „Jungrindern aus ökologischer Muttertierhaltung“ anbieten, wie sich verkaufen ließe. Auch nächstes Jahr wird das Biofleisch in den 77 Filialen nur einige Monate reichen. Die Umstellung der neu hinzugekommenen Bauern auf biologischen Anbau und biologische Aufzucht ist nun mal langwierig und läuft nach strengen Kriterien ab. Trotzdem werden die Anforderungen nicht heruntergeschraubt, denn den Verbrauchern soll keine Mogelpackung angedreht werden.

„In einigen Jahren, da bin ich mir sicher, können wir das ganze Jahr über Biofleisch im Supermarkt anbieten“, gibt sich Biobauer Adi Sprinkart zuversichtlich. Sein Geschäftspartner Hannes Feneberg hat derweil schon vorgebaut, jedenfalls für die eigene Küche: „Ich hab' mir vor Testende noch die Kühltruhe gefüllt.“

Verbrauchertip: Das „Ökotest“- Magazin bietet eine Liste von 2.000 Bezugsadressen für Biofleisch und solchem aus artgerechter Haltung an. Für vier Mark in Briefmarken (Stichwort Fleisch, Postfach 900 766, 60447 Frankfurt) oder per Abruffax (0190-25 20 21). Und die Verbraucherinitiative e.V. (Breite Str. 51, 53111 Bonn) schickt gegen Rechnung oder Scheck über 17 Mark ihre Broschüre „Einkaufen beim Biobauern“ mit über 3.000 Adressen.