Krawallmacher ab nach Kurdistan

■ Bundeskabinett verschärft nach Kurden-Demonstrationen Ausländerrecht: Abschiebungen werden schneller möglich

Bonn (taz) – Das Bundeskabinett hat gestern eine Verschärfung des Ausländerrechts beschlossen, um straffällig gewordene AusländerInnen künftig schneller ausweisen zu können. Die Bundesregierung glaubt, so vor allem gewalttätige Ausschreitungen wie bei den jüngsten Demonstrationen der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) bekämpfen zu können.

Die Ministerrunde beschloß, den Paragraphen 47 des Ausländerrechts so zu ändern, daß Ausländer schon dann ausgewiesen werden müssen, wenn sie zu einer Strafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden sind. Bisher galt die Regelung erst ab Strafen von fünf oder acht Jahren.

Schwerer Landfriedensbruch soll künftig automatisch zur Ausweisung des Verurteilten führen, sofern dessen Strafe nicht auf Bewährung ausgesetzt ist. Nach bisher geltendem Recht liegt es im Ermessen der Behörden, ob dann abgeschoben wird oder nicht. Außerdem soll der Paragraph 125 des Strafgesetzbuches so ergänzt werden, daß einfacher Landfriedensbruch als schwerer Landfriedensbruch gewertet wird, wenn er aus einer verbotenen Demonstration heraus begangen wird. Diese Regelung gilt auch für Deutsche.

Bisher macht sich jemand des einfachen Landfriedensbruchs schuldig, wenn er gewalttätig gegen Menschen oder Sachen vorgeht oder Menschen aus einer Menge heraus in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise bedroht. Ein solches Vergehen wurde mit einer Geldstrafe oder einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren bedroht. Führt der Täter eine Waffe bei sich, mit der er Gewalt anwenden will, liegt schwerer Landfriedensbruch vor. Er wird mit Haft von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

Das Kabinett will prüfen, ob die Paragraphen 48 und 51 des Ausländergesetzes dahin gehend geändert oder ergänzt werden können, daß Ausländer, die dadurch bisher vor Ausweisung und Abschiebung geschützt sind, dennoch ausgewiesen werden können. Das kann auch heißen, daß Zuwanderer, die schon seit 30 Jahren hier leben, das Land verlassen müssen.

Der Frankfurter Anwalt und Ausländerrechtsexperte Reinhard Marx und sein Essener Kollege, der Strafverteidiger Axel Nagler, kritisieren diese Pläne heftig. Wenn FDP- und Unionspolitiker tatsächlich den Abschiebeschutz überprüfen wollten, „tasten sie den Verfolgungsschutz für unanfechtbar anerkannte politisch Verfolgte an“, kritisiert Marx. Nagler fürchtet: „Asylberechtigte können dann schon in das Herkunftsland abgeschoben werden, nur weil sie an einer verbotenen Demonstration teilgenommen haben.“

Der einwanderungspolitische Sprecher der bündnisgrünen Bundestagsfraktion, Cem Özdemir, sieht in der Abschiebung und Ausweisung „kein wirksames Mittel, um gewalttätige Demonstrationen zu verhindern“. Er kritisiert, daß Ausländer immer noch einem besonderen Recht unterstellt würden, obwohl viele von ihnen seit Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland hätten. „Kommt es zu Schwierigkeiten mit einem kleinen Teil der ausländischen Bevölkerung, verschärft die Bundesregierung das Ausländerrecht, was für 7 Millionen Menschen gilt.“ Die SPD-Politikerin Cornelie Sonntag-Wolgast mahnte, die Bundesrepublik dürfe den Boden der Rechtsstaatlichkeit nicht verlassen: „Auch Rädelsführer genießen Abschiebeschutz, wenn ihnen Folter oder Todesstrafe droht.“ Karin Nink