„Raushauen, was nur geht“

■ Rundes Haushaltssperre enthemmt Hamburgs Amtsstuben

Seit vergangenem Dienstag herrscht in Bezirksämtern, Behörden und öffentlichen Einrichtungen Hochbetrieb bei allen, die Geld ausgeben dürfen: „Wie sonst nur im Dezember“, so eine gestreßte Mitarbeiterin zur taz, „hauen wir jetzt raus, was nur geht“. Während es im November und Dezember jeden Jahres normalerweise jeweils darum geht, zwar bewilligtes, aber noch nicht ausgegebenes Geld, die sogenannten „Haushaltsreste“, zu verfrühstücken, soll jetzt dem Fallbeil der Haushaltssperre zuvorgekommen werden.

Wie berichtet, hat Finanzsenator Ortwin Runde am vergangenen Dienstag den Senat von einer Haushaltssperre für all jene „Sach- und Fachausgaben“ unterrichtet, die nicht „unabweisbar notwendig“ sind. „Seit Dienstag 14 Uhr 00“, so ein Sprecher der Finanzbehörde, „gilt diese Sperre.“

Allerdings nur auf dem Papier: Zwar unterrichtete die Finanzbehörde prompt die Haushaltsbeauftragten der Behörden und Bezirke. Doch dann setzte der Dienstweg ein. Bis die einzelnen Dienststellen und Abteilungen die Senatssperre, von der sie aus Rundfunk und Presse längst wissen, offiziell zur Kenntnis nehmen mußten, wurde Geld rausgehauen, wie es nur ging: „Überall, wo wir schon wußten, welche Aufträge wir vergeben wollten, haben wir die Bearbeitungsstapel blitzartig abgearbeitet“, erläutert ein Mitarbeiter der Baubehörde.

Das Beschleunigungsprogramm behördlicher Abläufe erfaßte nicht nur ohnehin vorhandene Ablagestapel: Insbesondere dort, wo es um Werkverträge, kurzfristige Aushilfen und langgehegte Anschaffungs-wünsche ging, verwandelte sich der sonst oft zähe Schneckengang behördlicher Genehmigung in ein wahres Wettrennen gegen den Dienstweg der offiziellen Unterrichtung von der Haushaltsperre.

Die Behördenleitungen decken in der Regel dieses Vorgehen. Überhaupt wird die Wirkung der Haushaltssperre bislang eher im psychologischen Bereich vermutet: „Zu dramatischen Wirkungen führt das bei uns nicht – wenn die Sperre wirklich bis 30. Juni befristet bleibt. Wir sollten aufgeschreckt werden. Und: Runde wollte vermutlich den Verkauf von noch größeren Anteilen bei HEW und Landesbank vorbereiten“, mutmaßt ein Betroffener.

Florian Marten