Kommentar: Kurzzeit-Gedächtnis
■ Scherf bejubelt, was er verdammt hat
Henning Scherf ist lang von Statur und kurz von Gedächtnis. Den 1,25 Milliarden Mark teuren Vertrag für den Bau des Columbus-Weltraumlabors kommentierte der Bürgermeister gestern so: „Wir begrüßen diese epochale Entscheidung, die wir so herbeigewünscht und auf die wir so sehr hingearbeitet haben.“
Als das Thema „bemenschte Raumfahrt“ 1988 in der Bremer SPD heftig diskutiert wurde, hatte der damalige Sozialsenator Henning Scherf nur beißenden Spott für diese „raumfahrtpolitische Großmannsucht“ übrig. Gegen Bürgermeister Wedemeier und die SPD-Bundestagsabgeordneten Koschnick, Waltemathe und Grunenberg hatte er auf dem SPD-Parteitag einen Antrag durchgesetzt, in dem es hieß: „Wir haben auf der Erde genug zu tun. Wir brauchen keine bemannten Raumstationen. Das Columbus-Projekt dient offensichtlich militärischen Zwecken.“ Dagegen Scherf gestern: „Auf diesem Weltraumlabor ruht die Hoffnung von Generationen.“
Was hat sich seit 1988 geändert? „Weltraumforschung ist völkerverbindend geworden“, sagt der lange Scherf, denn „vor wenigen Tagen ist eine amerikanische Astronautin in die russische Weltraumstation umgestiegen.“ Folgt man Scherfs guten Argumenten von 1988 läge der billige Vorschlag nahe: Umsteigen kann man auch auf dem Hauptbahnhof. Dafür braucht man heutzutage nichtmal mehr eine Bahnsteigkarte. Dirk Asendorpf
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