Elbfischer gewinnen gegen Bagger

Verwaltungsgericht stoppt den Ausbau des Hamburger Hafens in Altenwerder: Die bisherigen Planungen des Hamburger Senats seien „wegen beachtlicher Fehler rechtswidrig“  ■ Aus Hamburg Heike Haarhoff

In Hamburg-Altenwerder herrscht wieder Ruhe. Das Verwaltungsgericht hat gestern die Bagger gestoppt, die dem 215 Hektar großen Elbinselbiotop schon bald ein Ende bereiten sollten. Zugleich erteilte das Gericht dem Hamburger Senat eine schallende Ohrfeige. Seit über dreißig Jahren plant die Regierung der Freien und Hansestadt gigantische Hafenanlagen für den Containerumschlag auf dem Gelände, auf dem einst das Fischerdorf Altenwerder stand. Die meisten Häuser sind den Plänen schon lange zum Opfer gefallen, ein paar wenige Familien blieben trotzdem in dem Rest des Dorfes wohnen. Sie klagten als unmittelbar Betroffene gegen das Milliardenprojekt, für das die Behörden im letzten Mai endlich einen Planfeststellungsbeschluß verkündet hatten – allerdings ohne genauere Kenntnis der neueren Rechtslage, wie sich jetzt herausstellt.

Der Planfestellungsbeschluß nämlich, „dürfte wegen beachtlicher Fehler rechtswidrig sein“, befanden die Verwaltungsrichter, hoben seine „sofortige Vollziehung“ auf und wagten eine erfrischend direkte und wegweisende Prognose: Die Klagen der betroffenen Grundeigentümer gegen die Hafenerweiterung dürften „voraussichtlich Erfolg haben und zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen“.

In seiner Begründung wirft das Gericht dem Amt für Strom- und Hafenbau schwerwiegende Verfahrens- und Planungsfehler vor. So sei als Ersatzmaßnahme für den Eingriff in den Naturhaushalt vorgesehen, „den westlichen und mittleren Teil der Alten Süderelbe wieder an die Elbe anzuschließen und dadurch ein tidebeeinflußtes Gewässer herzustellen“.

Dazu wäre laut Wasserhaushaltsgesetz jedoch ein gesonderter Planfeststellungsbeschluß vorgeschrieben gewesen, der auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich gemacht hätte. Doch die Wirtschaftsbehörde, so empörte sich ein Gerichtssprecher, habe bisher nicht einmal das Verfahren hierzu eingeleitet, sondern die „inhaltlich wie formal unklare Öffnung der Alten Süderelbe“ schlicht vorausgesetzt.

Die Auswirkungen auf die Grundwassersituation könnten erheblich sein: „Erkenntnisse hierüber fehlen aber noch“, sagt der Gerichtssprecher weiter. Daß allein naturschutzrechtliche Aspekte ausreichten, die Hafenerweiterung zu stoppen, überraschte sowohl die Hafenerweiterungskläger wie deren Rechtsanwälte: „Juristische, ökonomische und finanzpolitische Bedenken, die mindestens ebenso groß sind, spielten noch gar keine Rolle“, freut sich Rechtsanwalt Martin Hack.

Die Spitze der Wirtschaftsbehörde verbarg ihre Zerknirschung durch Abwesenheit: Der Senator sei nicht in Hamburg, hieß es, sein Staatsrat verabschiedete sich wegen „wichtiger Termine“ am frühen Nachmittag ohne Stellungnahme. An der Hafenerweiterung werde aber weiterhin festgehalten, versicherte ein Sprecher: Die Behörde erwäge eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht.