Einfach draußen leben

■ Gruppenurlaub in der Wildnis – aber wie? Darüber streiten Pfadfinderin Ina Werner und Maja Schuster vom Jugendbund für Naturbeobachtung

taz: Was macht Ihr in diesem Sommer?

Maja: Ich fahre nach Unterwiddersheim in Hessen auf ein Lager des DJN (Deutscher Jugendbund für Naturbeobachtung). Dort renovieren wir seit einigen Jahren einen alten Fachwerkhof. Ich will mit Lehm rummatschen, Pflanzen bestimmen und einfach draußen sein.

Ina: Ich fahr mit meiner Gruppe, dem Stamm, nach Schweden. Da kann man noch mal eine Nacht wild zelten, Kanu fahren und prima wandern.

taz: Ihr seid beide über 20, junge Frauen, und seht eher danach aus, mit Eurem Freund in Costa Rica zu campen. Seid Ihr nicht langsam aus dem Alter raus, Eure Ferien im Lager zu verbringen?

Ina: Es bringt einfach ohne Ende Spaß, Tag und Nacht draußen zu sein und mit anderen PfadfinderInnen Unsinn zu machen. Aber gleichzeitig machen wir was Sinnvolles.

Maja: Sinnvoll? Ihr lauft in euren blauen Uniformen rum ...

Ina: Das heißt Tracht! Und mit dem Militär hat das nichts zu tun. Es geht lediglich darum, soziale Unterschiede durch die Kleidung nicht so hervorzuheben. Außerdem wird das Gemeinschaftsgefühl dadurch gestärkt.

Maja: Gemeinschaftsgefühl durch Kleidung. Das muß von Innen kommen und entsteht spontan. Schon gar nicht durch irgendwelche Sippenführer, die alles organisieren. Bei uns ist das unkomplizierter. Es gibt für Sommerlager keine festen Gruppen, jeder kann einfach kommen und mitmachen.

Ina: Aber gerade die feste Gruppe ist doch so wichtig, um auch was zu vermitteln. Learning by doing halt. Und diese Hierarchien, die sehen von innen gar nicht so aus.

Maja: Aber es gibt sie doch!

Ina: Es ist aber kein Stück so, daß der Sippenführer alles bestimmt oder Führer ist, meistens ist er kaum älter als die anderen und leitet sie nur an.

Maja: Schon allein diese Begriffe. Na gut, bei uns heißen die OrganisatorInnen LagerleiterInnen. Aber du mußt dafür kein bestimmtes Alter haben. Es fördert doch, wenn auch Jüngere früh Verantwortung übernehmen.

Ina: Tun sie doch bei uns auch, mit 13 bist du oft schon SippenführerIn. Und eine vernünftige GruppenleiterInnenausbildung bekommen sie gleich dazu.

Maja: Mit fünfundvierzig dann Stammesoberhaupt. Wir socken aus. Wer fünfundzwanzig ist, bekommt eine alte, bestickte Socke um den Hals und darf nichts mehr organisieren.

Ina: Das ist eine coole Idee. So könnte man ein paar alte Säcke los werden. Ich denke, bei uns geht es aber mehr darum zu erziehen, auch mal Vorbild zu sein. Bei uns stehen die Jüngeren im Vordergrund.

Maja: Besonders intensiv gehen wir auf Jüngere wahrscheinlich nicht ein, mit fünfzehn ist man manchmal dem Leben im DJN eher gewachsen. Vielleicht vereinsamt ein Zwölfjähriger sogar?

Ina: Das finde ich total falsch. Die Jüngeren können sich doch selber eine Meinung bilden, so ein 12jähriger plappert dir doch alles nach.

Maja: Für einige unserer Aktivitäten ist ein bißchen Selbständigkeit eben wichtig. Ihr seid ja nicht so politisch.

Ina: Was ist denn am Bäumebestimmen politisch?

Maja: Naturkunde ist ein Schwerpunkt. Wir wollen wissen, von welchen Pflanzen und Tieren wir umgeben sind. Daraus sind politische Aktionen entstanden, in Altenwerder und an der Nordsee, mit denen wir unsere Forderungen ausdrücken. Ökologie und Umweltschutz, und eben die sogenannte Umweltpolitik zu kritisieren, das ist doch eine Richtung!

Ina: Die Umweltproblematik nimmt bei uns auch einen sehr großen Platz ein, aber wir geben keine politische Richtung vor.

Maja: Um noch mal auf die Aktionen zu kommen: Wir überlegen uns alles sehr genau und beschäftigen uns mit den Kleinen, wenn die Eltern es erlauben ... Doch wir beziehen öffentlich Stellung und stimmen dabei selten mit den Grünen überein.

Ina: Könnte es sein, daß ihr dadurch alle Bildungsschichten ansprecht? Bei uns ist es nämlich so, daß vor allem die GruppenleiterInnen eher das Gymnasium besuchen.

Maja: Im DJN ist es leider ähnlich, obwohl wir uns das anders wünschen würden.

Ina: Ja, wir auch.

Der Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder e.V., (Landesgeschäftsstelle BdP, Am Alten Markt 6, 22926 Ahrensburg) ist offen für Mädchen und Jungen ab 7 Jahren. Wer mitmachen möchte, sollte einfach mal vorbeischauen, Termine der wöchentlichen Gruppenstunde für die jeweilige Ortsgruppe sowie der Jahresbeitrag zu erfragen unter 04102/17 22 (mittwochs 15 bis 19 Uhr).

Im Deutschen Jugendbund für Naturbeobachtung sind Jugendliche ab 12 Jahren willkommen; Treffen immer montags (Langenhorn), 17 Uhr, freitags (Walddörfer), 16 Uhr. Adresse: Justus-Strandes-Weg 14, 22337 Hamburg, % 50 67 64. Dort kann man/frau sich auch für die zweiwöchigen Sommerlager im Juli/August anmelden: Nordsee, Selenter See, Weserbergland, Jena, Mecklenburg-Vorpommern, Trier, Fridingen und Unterwiddersheim. Der Jahresbeitrag beträgt 18 bzw. 25 Mark.