■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Und 3 ist doch die Mehrheit von 7
Richard Skribelka, der frühere Bremerhavener DGB-Vorsitzende und auch SPD-Fraktionsvorsitzende, hat einen schweren Stand im Lande. Bei der Wirtschaftskammer verdient er seit Monaten an die 10.000 Mark monatlich, obwohl die Kammer nicht mehr arbeitet. Vergeblich versucht der Senat, für Skribelka einen B2-Posten zu finden. Als Staatsrat will ihn keiner haben. In der Bremerhavener SPD fiel Skribelka in Ungnade, die Partei strengte ein Ausschlußverfahren an und hatte nicht einmal Verständnis dafür, daß der Genosse die Fraktionskasse mit 130.000 Mark mitnahm.
Unangefochten ist Skribelka nur noch bei Radio Bremen. Dort wacht er als Verwaltungsratsvorsitzender über die Organisationsstruktur und die Haushaltspläne. Seit einiger Zeit aber muß Skribelka auch dort seine Finanz- und Organisationskompetenz verteidigen. Ist drei die Mehrheit von sieben, ja oder nein? Das war die Frage, vor der der Vorsitzende des Verwaltungsrates am 4. Dezember 1995 stand. Denn sieben Mitglieder waren anwesend bei der Abstimmung über das neue zentralistische Organisationsmodell von Radio Bremen, und drei stimmten dafür. Und in der Geschäftsordnung steht, daß die Mehrheit der anwesenden erforderlich ist für einen Beschluß. Skribelka rechnete kurz und stellte fest: Drei ist die Mehrheit, und da er selbst auch dafür gestimmt hatte, verkündete er: Das neue Organisations-Modell ist beschlossen. Da der Verwaltungsrat ein streng vertrauliches Gremium ist, war auch gesichert, daß es kein großes Gerede über die Angelegenheit geben würde.
Aber nun liegt der Fall doch im Rathaus, und dort gilt nach dem Amtsantritt von Scherf das Prinzip: „offenes Rathaus“. Rundfunkreferent Jürgen Busch nämlich hat die schwere Aufgabe, als „Rechtsaufsicht“ die Frage zu klären, ob hier Rechenschwäche attestiert werden muß oder nicht.
Ein im Staatsrecht bewanderter Anwalt, dem die Angelegenheit zu Ohren gekommen sein muß, hatte das Rathaus als Rechtsaufsicht angerufen und in einem vierseitigen Schriftsatz erklärt, daß drei von sieben nicht die Mehrheit sein kann. Skribelka rechtfertigte sich, der Intendant von Radio Bremen mußte Stellung nehmen. „Paragraf 4 Absatz II der Geschäftsordnung des Verwaltungsrates lautet: Sachbeschlüsse werden mit Mehrheit der Anwesenden ... gefaßt.“ Drei waren dafür, sieben waren anwesend, alles klar: Der Beschluß gilt, rechtfertigt Klostermeier seinen Verwaltungsratsvorsitzenden. Wer das anfechten wolle, solle doch bitte zum Verwaltungsgericht gehen. Rosi Roland
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