■ Zu viele Kneipen am Kollwitzplatz?
: Im Café sitzen und reden, das ist Kultur

Thomas Mannz, 32 Jahre, Poet

Viele Cafés sind sehr schön, aber man muß es nicht übertreiben – jetzt sind es genug. Drogerien und Lebensmittelläden gibt es auf der Prenzlauer Allee und der Schönhauser, der Kollwitzplatz ist von Geschäften eingegrenzt. Da gehe ich hin, wenn ich etwas einkaufen will. Die Cafés passen zum Prenzlauer Berg. Früher kannte man alle Leute, das ist jetzt nicht mehr so, und das vermisse ich.

Jana Wilde, 31 Jahre, Physiotherapeutin

Hier gibt es zu viele Kneipen. Jetzt wird auch noch die Kinderbibliothek in der Wörther Straße geschlossen, dort soll auch eine Kneipe rein. Das finde ich gemein den Kindern gegenüber. Gleich nebenan hat eine Post geschlossen, der neue Mieter hat eine Kneipe aufgemacht. Das Gute ist, daß mit den vielen Kneipen auch Besucher aus anderen Stadtteilen zum Kollwitzplatz kommen. Dadurch wird der Kiez immer offener.

Katja Becker, 25 Jahre, Sozialhilfeempfängerin

So viele Kneipen sind das gar nicht um den Kollwitzplatz. Und sie sind immer voll, werden anscheinend gebraucht. Man findet kaum einen Platz am Abend. Damit kommen mehr Touristen und Leute aus anderen Stadtbezirken in den Kiez, die bringen Geld hierher. Und zum Einkaufen muß ich trotzdem nicht weit laufen. Aber vielleicht sollte man in Zukunft nicht nur etwas für Szenetypen eröffnen.

Waldemar Gudduscheidt, 65 Jahre, Rentner

Eine neue Kaufhalle oder ein Lebensmittelladen wären viel besser als diese Kneipen, das fehlt hier noch. Ich selbst nutze die Kneipen auch nicht. Wenn ich abends ausgehe, und das ist selten in meinem Alter, gehe ich eher zu Freunden und Bekannten, aber niemals ins Lokal. Die Leute sind mir zu jung, und das Niveau paßt mir einfach nicht. Aber verändern tun die Kneipen den Kiez nicht.

Hugo Velarde, 38 Jahre, Literat und Kneipier

Da kann ruhig wieder eine Kneipe dazukommen. Ich organisiere im „Übereck“ Lesungen und Literaturabende für den Kiez. Unser Publikum sind überwiegend Kids und junge Leute aus der Gegend, der Laden ist meist voll. Die vielen Kneipen verändern natürlich den Kiez, weil viele Touristen kommen. Die sind laut und protzig, und der Kiez ist eigentlich ruhig und bescheiden.

Nicole Richards, 22 Jahre, amerik. Kunsthistorikerin

Es ist eine Art Kultur, einfach in einem Café zu sitzen und zu reden. Die Bars sind eine Attraktion für uns Touristen. Wir haben ähnliche in Amerika, aber die sind nicht so originell. Die Veränderungen in dieser Stadt sind einmalig, und ich denke, die Cafés sind ein Teil davon. Ich bin seit einer Woche hier, muß aber die ganze Zeit arbeiten. Hätte ich Urlaub, würde ich alle Cafés besuchen.

Umfrage: Torsten Teichmann

Fotos: Annette Walther