Vorzeigeprojekte in Südafrika finanziell am Ende

■ Schon zum zweiten Mal mußte Südafrikas Präsident Mandela einen neuen Finanzminister suchen. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, der Rand schwach

Johannesburg (taz) – Mit seinen Finanzministern hat der südafrikanische Präsident Nelson Mandela wenig Glück. Zum zweiten Mal binnen zwei Jahren mußte das zentrale Ressort neu besetzt werden, weil der Amtsinhaber seinen Rücktritt eingereicht hat. Chris Liebenberg (Nationale Partei) erklärte am Donnerstag abend vor dem Parlament in Kapstadt, daß er aus privaten Gründen nicht mehr zu Verfügung stehe. Der Rücktritt des angesehenen Bankers war zwar keine große Überraschung, traf Mandela aber trotzdem hart. Bereits bei seinem Amtsantritt im Oktober 1994 hatte Liebenberg erklärt, er sei kein Politiker und wolle nur für begrenzte Zeit im Amt bleiben.

Mandela nutzte den Rücktritt des Ministers und nahm gleich eine größere Kabinettsumbildung vor. Nachfolger von Liebenberg wird der bisherige Minister für Handel und Industrie, Trevor Manuel (40). Der ehemalige Aktivist in der Befreiungsbewegung hat in den vergangenen beiden Jahren unter Beweis gestellt, daß er ein harter Verhandler ohne ideologische Scheuklappen ist. Seine Ernennung wurde von der südafrikanischen Wirtschaft begrüßt; allerdings hat er nicht das Format und die Fachkenntnisse seines Vorgängers.

Dessen letzte Tat im Amt war, vor zwei Wochen den Haushalt 1996/97 einzubringen – und der kann sich trotz vieler Schwachstellen durchaus sehen lassen. Liebenberg gelang das Kunststück, das Haushaltsloch auf 5,1 Prozent des Bruttosozialprodukts zu verkleinern, ohne die Mehrwertsteuer zu erhöhen. Außerdem verteilte er die knappen Ressourcen Südafrikas (Gesamtvolumen des Haushalts: 66 Milliarden Mark) um und beschnitt das bisher ausgabenstärkste Ressort Verteidigung um fünf Prozent. Mehr Geld soll dafür künftig für Bildung, Gesundheit und die Polizei ausgegeben werden.

Zurücklehnen aber kann sich der neue Finanzminister trotzdem nicht. Zwar erholt sich die südafrikanische Wirtschaft langsam von den Jahren der Isolation während der Apartheid-Zeit. Die Inflationsrate lag im vergangenen Jahr mit 8,7 Prozent so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr. Und die Wirtschaft wuchs immerhin um 3 Prozent.

Das aber ist viel zu wenig, um das größte Problem Südafrikas, die hohe Arbeitslosigkeit, zu lösen. Sie liegt immer noch bei fast 40 Prozent. Um das Ziel der Regierung zu erreichen, jedes Jahr 500.000 neue Jobs zu schaffen, müßte sie um mindestens 6 Prozent wachsen; höchstens 3,5 bis 4 Prozent sind aber dieses Jahr drin.

Der Wahlerfolg des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) vor nunmehr fast zwei Jahren verdankte sich nicht zuletzt dem Versprechen, die Lebensverhältnisse vor allem für die schwarze Mehrheit zu verbessern. Doch der Aufbau der schwarzen Townships und der früheren Homelands kommt nur schleppend voran, das ehrgeizige Hausbauprogramm der Regierung droht zum völligen Flop zu werden. Einigermaßen überraschend erklärte Mandela bei der Regierungsumbildung eines seiner Vorzeigeprojekte für aufgelöst. Das Superministerium für Wiederaufbau und Entwicklung gibt es nicht mehr. Die Koordinierung von Infrastrukturmaßnahmen aller Art soll jetzt Vizepräsident Thabo Mbeki übernehmen.

Zweites großes Problem für die südafrikanische Wirtschaft ist der derzeit schwache Rand. Er verliert seit Wochen gegenüber harten Währungen, geschürt durch Gerüchte über Mandelas angeblich schlechten Gesundheitszustand. Um sie aus der Welt zu schaffen, begab sich Mandela schließlich zu einem Gesundheitscheck in eine Johannesburger Privatklinik. Die Ärzte bescheinigten ihm einen hervorragenden Gesundheitszustand – der Rand blieb trotzdem instabil. Auf einen neuen Tiefstand stürzte er am Donnerstag morgen: Tausende militanter Zulus hatten für diesen Tag einen Marsch durch Johannesburg angekündigt und der Rücktritt von Liebenberg war absehbar. Kordula Doerfler