Wahnsinn aus der Dose

■ „Beef Watch“: Britisches Rinderhirn landete in Berliner Tierfutterdosen

Der britische BSE-Skandal hat jetzt vermutlich auch Berlin erreicht: In Tierfutterdosen, die auf dem Berliner Markt verkauft werden, sind offensichtlich seit Jahren Fleischbestandtteile verarbeitet worden, die im Verdacht stehen, BSE-verseucht zu sein. Das berichtet die britische Zeitschrift Nature in ihrer neuesten Ausgabe. Demnach sind Hirn- und Markteile von britischen Rindern jahrelang unkontrolliert in Tierfutterdosen gelangt, die vor allem im Osten Deutschlands vertrieben werden.

Die Zeitschrift beruft sich auf interne Papiere des britischen Gesundheitsministeriums und auf einen Report der Tierschutzorganisation „Beef Watch“, die bereits im vergangenen Jahr die Proteste gegen die Transportbedingungen britischer Rinder organisierte. Nach diesen Unterlagen sollen über einen Zeitraum von mehreren Jahren jeweils mehrere hundert Rinder von der Insel zu einem Schlachthof im schweizerischen Rapperswil im Kanton Zürich geliefert worden sein. Innereien, Hirn und Mark der Tiere sind laut Nature dort vor allem zu Dosennahrung für Hunde und Katzen verarbeitet worden.

Dieses Futter sei dann teilweise nach Deutschland geliefert worden, heißt es weiter. Nature veröffentlicht eine Liste von über 20 deutschen Tierfuttergrossisten in den neuen Bundesländern als Hauptabnehmer des Rapperswiler Schlachthofes, darunter auch die Luckenwalder „AgroFläming“, die mit ihren Produkten hauptsächlich den Großraum Berlin beliefert. Von der Firma war eine Stellungnahme nicht zu erhalten. Doch der Geschäftsbericht 1995 der „AgroFläming“ führt auf, daß „AgroFläming als expandierendes Unternehmen inzwischen fast 50 Prozent der Berliner Tierfutternachfrage deckt.“

Die Gesundheitsverwaltung steht vor einem Dilemma, wie Amtsveterinär Peter Panselowsky auf Anfrage erklärt: „Es gibt keine Möglichkeit, Hunde- und Katzennahrung auf BSE zu testen. Wir können aber auch nicht auf bloßen Verdacht hin die Regale leerräumen.“

Es bleibe ihm nur der Appell an die Hersteller, in Zukunft auf deutsche Produkte umzusteigen. „Und wer Angst um seinen Hund hat, der muß erstmal mit Hundeflocken auf Sojabasis vorlieb nehmen.“

Zwar ist bisher von BSE-Infektionen bei Haustieren noch nichts bekannt. Doch die Seuche überträgt sich immerhin aus zermahlenen Schafsteilen auf Rinder und auch eine Übertragung auf den Menschen schließen britische Wissenschaftler inzwischen nicht mehr aus. Der gesundheitspolitische Sprecher der bündnisgrünen Fraktion, Bernd Köppl, fordert deshalb von der Gesundheitsverwaltung einen sofortigen Stopp für den Import von Dosenfutter für Hunde und Katzen aus der Schweiz. „Bis die Ursachen der Seuche geklärt sind, müssen wir auf Nummer Sicher gehen“, meinte Köppl, der die Berliner Verwaltung kritisierte: „Das Problem BSE ist seit Jahren bekannt und nichts hat sich getan.“ Die Berliner Sektion der Tierschutzorganisation „Animal Peace“ will heute vor Supermärkten die VerbraucherInnen auf die Gefahr aus der Dose aufmerksam machen. wera/bpo