Dekadenz im Keller

■ Köln und Frankfurt vor dem Untergang

Der gefallene Adel der Bundesliga dämmert im Tabellenkeller, aus dem ein modriger Geruch von Vergehen und Vergessen aufsteigt. Den beiden Immer-schon-Bundesligisten Eintracht Frankfurt und 1. FC Köln fehlen nicht allein einige Punkte, die ihnen vom Schicksal versagt geblieben wären, so daß sie in den nächsten Wochen zumindest das Glück für sich reklamieren könnten. Nein, ganz im Gegenteil liegt die Vermutung nahe, daß in den beiden noblen Klubs das Glück aufgezehrt ist, weil die letzten Jahre dazu genutzt wurden, willentlich auf den Untergang hinzuarbeiten.

Daß wir es also eben nicht mit Pech und Dumm-gelaufen oder nur einer amorphen Anhäufung von Fehlern zu tun haben, sondern hier eine systematische Auslöschung von Qualität betrieben worden ist. Das geschah mit solch einer Rasanz und Rauschhaftigkeit, daß man die Tabellenpositionen 3-3-5-9 der Eintracht in den letzten Jahren ebenso vergessen hat, wie die UEFA-Pokal-Teilnahme des 1. FC Köln vor vier Jahren.

Jetzt hat einer der maladen Klubs, Eintracht Frankfurt, zur Rettung vor dem Abstieg einen Luftröhrenschnitt an sich selbst vorgenommen und Trainer Karl-Heinz Körbel entlassen. Der zumeist „treuer Charly“ Genannte stand in Frankfurts inszestuösen Wirrnissen bislang noch für eine grundordentliche Dusseligkeit, die ihm jetzt aber nicht mehr weiterhalf. Ersetzt wird er von Dragoslav Stepanovic, der bei der Eintracht eine wundersame Karriere vom Kneipier und Trainer zum umjubelten, serbo-hessisch brabbelnden Popstar machte. Allerdings ging er in die Vereinsgeschichte auch als eine Art Verräter ein. Denn im Halbfinale des Pokals 1993 ließ er die Eintracht gegen seinen zukünftigen Arbeitgeber Leverkusen über die Klinge springen, wechselte dann noch rechtzeitig unters Bayer-Kreuz und gewann den Pokal gegen die Amateure von Hertha BSC. Viel besser könnten die Frankfurter also ihre Haltlosigkeit gar nicht zum Ausdruck bringen, als sich nun eben jenem Stepanovic als Retter anzuvertrauen.

Dem Abgrund noch einen Schritt weiter entgegengetreten ist der 1. FC Köln, der sich schon vor Wochen einem Retter übereignete, von dem nur eine kleine Schar jemals annahm, daß er wirklich einer wäre. Aber Stephan Engels war eben „einer von uns“, und es gehört wohl zum Drama untergehender Geschlechter, daß irgendwann mäßig talentierte Cousins die Geschichte lenken dürfen. Und genauso gehört es dazu, daß die Engagierten verjagt werden, wie es die Kölner mit Bruno Labbadia machten, der wie zum Hohn zwei Tore für Bremen gegen Kölns Lokalrivalen Leverkusen erzielte. Und dies folglich nicht tun kann, wenn Köln am Wochenende in Leverkusen antritt. Christoph Biermann