Italiens Parteien buhlen um Antonio di Pietro

■ Nach dem endgültigen Freispruch hagelt es Angebote von allen Seiten

Rom (taz) – „Ich bin zufrieden, wirklich zufrieden“, sagt salbungsvoll Romano Prodi, Spitzenkandidat der Mitte-Links-Allianz „Olivenbaum“. Gianfranco Fini, Chef der Ex-Neofaschisten „Nationale Allianz“ zieht seine noch jugendliche Stirn in denkerische Falten: „Es belegt, daß der Mann persönlich eine absolut integre Person ist.“ Grünen-Sprecher Ripa de Meana strahlt: „Jetzt eröffnet sich für ihn endlich eine politische Perspektive.“ Seit der ehemalige Chefermittler der Antikorruptions-Sonderkommission „Saubere Hände“, Antonio di Pietro, am vergangenen Freitag auch im letzten gegen ihn anhängigen Ermittlungsverfahren freigesprochen wurde, überbieten sich die Parteien mit Angeboten an di Pietro. Schließlich geben mehr als 80 Prozent der Italiener di Pietro als Wunschkandidaten für das Amt des Regierungschefs an.

Doch die gleichen Leute, die ihn jetzt umwerben, verzogen noch vor kurzem das Gesicht, wenn die Rede auf di Pietro kam. „Ein ekelerregender Jahrmarkt an Scheinheiligkeit“ sei es, was die Parteien jetzt veranstalten, kommentiert der Leitartikler Giorgio Bocca, einer der wenigen, die dem 40jährigen Staatsanwalt auch nach seinem Ausscheiden aus dem Amt 1994 die Stange gehalten haben.

Der Grund für den „wohlfeilen Abstand zu di Pietro“ (Bocca) war wohl zweifach: auf der einen Seite stellte der Mann eine Gefahr für jeden politischen Führer dar – tritt er gegen ihn an, nimmt er ihm unzählige Stimmen weg, gesellt er sich in sein Lager, nimmt er ihm die Führung weg. Der zweite Grund ist, daß di Pietro in seinem Verhalten „von jeher unberechenbar ist“ – über seinen Rücktrittsentschluß hatte er selbst seine engsten Mitarbeiter nicht informiert.

Bisher hat di Pietro nicht zu erkennen gegeben, ob er politisch tätig werden will. Zunächst spricht alles dafür, daß er den Sieg erst einmal auskosten will. Erst nach den Wahlen vom 21. April wird er entscheiden, wie er weitermachen wird. Werner Raith