: Das Kriegsverbrechertribunal
Das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag ist das erste Gericht dieser Art, seit sich führende Nazis nach dem Zweiten Weltkrieg in Nürnberg verantworten mußten. Es wurde im Mai 1993 installiert, um die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen im Krieg auf dem Balkan zu ahnden. Juristische Basis bilden die Haager Kriegsrecht-Konvention (1907), die Pariser Konvention zur Bestrafung von Völkermord (1948) und die Genfer Konvention zum Schutz von Kriegsopfern (1949).
Dem Sondergericht stehen elf international anerkannte Juristen als Richter vor. Treibende Kraft des Tribunals ist seit 1994 Richard Goldstone, der jedoch Mitte des Jahres ausscheiden wird. Zuvor will der Südafrikaner noch die direkte Verstrickung der kroatischen und serbischen Präsidenten Tudjman und Milošević in Kriegsverbrechen aufdecken.
Doch mangelnde Kooperationsbereitschaft westlicher Regierungen und Geldknappheit lähmen die Arbeit des Tribunals. Von den insgesamt 282 Angestellten, darunter Sekretärinnen, Putzfrauen, Leibwächter, Übersetzer und Gerichtsmediziner, beschäftigen sich nur 47 Kriminalexperten mit der Aufdeckung möglicher Massengräber und Internierungslager.
Daß vermeintliche Kriegsverbrecher wirklich ausgeliefert werden, glaubt selbst Goldstone nicht: Er ließ im Tribunalgebäude nur sechs Zellen einrichten, 24 weitere könnten bei einer Amsterdamer Strafanstalt angemietet werden. Karl Gersuny
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