Mainzer Bündnisgrüne suchen neues Profil

■ Nach der Wahlniederlage häufen sich in Rheinland-Pfalz die Rücktritte

Mainz (taz) – Die Bündnisgrünen in Rheinland-Pfalz werden immer weniger: Nur zwei Tage nach den Landtagswahlen, bei denen die Partei von den WählerInnen mit einem nur minimalen Zuwachs von 0,4 Prozentpunkten bedacht worden war, kündigten die Landesvorstandsmitglieder Mehdi Jafari-Gorzini und Ursula Radwan bei dem rasch einberufenen Landeshauptausschuß (LHA) in Mainz ihren Rücktritt an. Am vergangenen Wochenende verzichtete auch noch Friedel Grützmacher, die Frontfrau der Landtagsgruppe, auf eine erneute Kandidatur für den Fraktionsvorsitz.

Die Parteispitze hat damit die Verantwortung für das „nicht erwartete, im Grunde desaströse Wahlergebnis“ (Jafari-Gorzini) von 6,9 Prozent übernommen. Und nur, weil er umgehend seinen Rücktritt verkündet habe, sagte Jafari-Gorzini gegenüber der taz, seien auf dem Landeshauptausschuß „die Messer in den Hosentaschen geblieben“. „Die Enttäuschung bei den Mitgliedern war riesengroß. Die wollten Köpfe rollen sehen – und ich habe meinen hingehalten.“ Denn was die Partei, die sich jetzt an Haupt und Gliedern erneuern und eine „überzeugende Reformprogrammatik“ erarbeiten müsse, jetzt am wenigsten gebrauchen könne, seien monatelange Grabenkämpfe um Personen und Positionen, sagte Jafari- Gorzini.

Und Zeit für die von Jafari-Gorzini eingeklagte „Modernisierung“ haben die Mainzer Bündnisgrünen jetzt genug – bis zu den nächsten Landtagswahlen in Rheinland- Pfalz im Jahre 2001. Und bis dahin kann die Fraktion im Landtag, die wohl von Ise Thomas in die neue Legislaturperiode geführt werden wird, das praktizieren, was sie ohnehin am besten könne, wie Fraktionssprecher Bernd-Olaf Hagedorn sarkastisch anmerkte: „Die Oppositionsrolle ausfüllen.“

Thomas erklärte denn auch nach dem ersten Zusammentreffen der neugewählten Fraktionsmitglieder am vergangenen Wochenende, daß sie ihre wesentliche Aufgabe darin sehe, eine „schlagkräftige und schlagfertige Oppositionsarbeit“ zu initiieren.

Zusammen mit der neu zu wählenden Parteispitze will die designierte Fraktionsvorsitzende den Bündnisgrünen zwischen Rhein, Mosel und Pfalz ein „stärker lösungsorientiertes Profil geben“ und für die Partei „neue Wählerschichten gewinnen“. „Koordination und Kooperation“ mit dem Landesverband und den Fraktionen in den Kommunalparlamenten sei das Gebot der Stunde.

Doch die geforderten neuen Köpfe werden möglicherweise ganz die alten sein. Schon haben zwei Abgeordnete, die nicht wieder für den Landtag kandidierten, ihre Ansprüche auf Vorstandsämter angemeldet: Manfred Seibel und Michael Henke.

Doch gerade Henke ist für die wenigen Modernisierer in der Partei ein rotes Tuch: „Oberfundi“ nennt Mehdi Jafari-Gorzini den Ökologen und Innenpolitiker mit den schütteren langen Haaren und dem Rauschebart. So, sagt Jafari- Gorzini enttäuscht, habe er sich die personelle Erneuerung, für die er den Weg frei gemacht habe, nicht vorgestellt. Die Partei habe bereits diese Wahl verloren, weil es ihr nicht gelungen sei, ihre neue Programmatik in der Wirtschafts- und Sozialpolitik glaubwürdig darzustellen.

Parallel dazu habe die FDP mit ihrem Wahlkampf gegen die „Jobkiller“ von den Bündnisgrünen ihr Salz genau in diese Wunde gesteut. Jafari-Gorzini: „Wir hatten dem nichts entgegenzusetzen und wurden zurückgeworfen auf die Müslirolle.“ Von der müsse sich die Partei jetzt emanzipieren, sonst könnten sich die Bündnisgrünen schon heute ihren prozentualen Anteil am WählerInnenstimmen im Jahre 2001 ausrechnen: 7,3 Prozent (plus 0,4). Noch allerdings, sagt Angelika Wilmen, Pressereferentin beim Landesvorstand, sei keine Entscheidung über die Zukunft der Bündnisgrünen gefallen: Die Vorstandswahlen finden erst im September statt. Klaus Peter Klingelschmitt