Bezirksverwaltungsreform erneut vertagt

■ Bürgermeister beginnt alte Diskussion von vorn und sorgt sich um Geld und Macht

Die „unendliche Geschichte“, wie Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem (parteilos) gestern die lang diskutierte Bezirksverwaltungsreform nannte, erhält ein weiteres Kapitel: Der Senat hat die Entscheidung über die Reform erneut vertagt. In den kommenden Tagen werde der Kooperationsausschuß klären, ob eine Einigung noch möglich sei, so Hoffmann-Riem. Wenn nicht, müsse über politische Konsequenzen nachgedacht werden. Seinen Rücktritt schloß der Senator aus: „Ich habe eine Aufgabe übernommen und diese auch erfüllt.“

Vor rund zwei Monaten hatte Hoffmann-Riem einen Gesetzentwurf zur Bezirksverwaltungsreform vorgelegt, der kaum mehr politische Selbständigkeit für die Bezirke, jedoch die Chance auf eine Mehrheit im Senat beinhaltete. Wäre es gestern zu einer Abstimmung gekommen, so bestätigte gestern auch Bürgermeister Henning Voscherau, hätte es wahrscheinlich eine Mehrheit dafür gegeben. Doch als Senatspräsident werde er das so nicht verabschieden. Die „tiefgreifende Beurteilungsveschiedenheit“ hänge dabei erst in zweiter Linie mit dem Konzept des Justizsenators zusammen, der dabei auf eine Konzeption seines Vorgängers zurückgegriffen hatte. Und diese habe ihren Ursprung in den achtziger Jahren; die heutige Finanzkrise sei damals nicht absehbar gewesen. Im Kooperationsausschuß sei in erster Linie zu diskutieren, wie Hamburg aus der Krise herauskomme.

Wenn Voscherau behaupte, daß die Reform nicht mehr in die heutige Zeit erheblicher Haushaltsengpässe passe, dann wolle er damit nur von seinem Streben nach Machterhalt ablenken, meinte der Sprecher der Statt Partei-Gruppe, Achim Reichert.

Aus diesem Streben machte der erste Bürgermeister dann keinen Hehl: Für die „bezirkliche Erledigung der städtischen Aufgaben“ trage der Senat die Verantwortung; er benötige das entsprechende Instrumentarium, um diese zu steuern. Die Globalrichtlinien, die nach dem Entwurf von Hoffmann-Riem die bisherigen „fachlichen Weisungen“ ersetzen sollen, scheinen nach Voscheraus Ansicht den Bezirken bereits zuviel Entscheidungsspielraum zu geben. Und das, obwohl das Evokationsrecht des Senats auch im „Reform“-Entwurf weiterbesteht – und damit die Möglichkeit, den Bezirken Entscheidungen abzunehmen, falls sie dem Senat nicht genehm sind. Seit mehr als 30 Jahren, sagte CDU-Fraktionschef Ole von Beust, wehrten sich SPD und Senat standhaft gegen mehr Demokratie in den Bezirken. Im Unterschied zu anderen Bundesländern können Hamburgs BürgerInnen in der kommunalen Selbstverwaltung nur eingeschränkt mitwirken. Stefanie Winter