Vorschlag

■ Walter Salas-Humara rockt den Alltag im Huxley's Junior

Zu faul zum Abtrocknen: Walter Salas-Humara Foto: Label

Nicht ganz Liebling der Götter, aber doch nah dran. Walter Salas-Humara, geboren in Kuba, aufgewachsen in Florida, ist Kritikers liebstes Kind. Seine Band, die Silos, wurden nach ihrer zweiten Platte vom Rolling Stone zur „Best New American Group“ erwählt. Als Folge dieser Würdigung erlebten die Silos im Jahre 1987 eine denkwürdige Tournee, denn das Mainstream-Publikum war vergebens gekommen, um knorke Rockmusik zu hören. „Einige haben wir wohl sehr überrascht“, erzählte Salas-Humara anschließend.

Niemals wohl wird Salas-Humara, der den Namen Silos langsam aber sicher verschwinden läßt, seit der zweite kreative Kopf der Band, sein alter Highschool-Kumpel Bob Rupe, die Kapelle vor fünf Jahren verlassen hat, wirklichen Erfolg haben. Denn wenn ein Wort seine Musik am ehesten beschreibt, ist es – unspektakulär. Die erste Zeile der allerersten Silos-Veröffentlichung war „I do the dishes, leave them drying in the rack“, als hätte der Künstler jahrelang darauf gewartet, uns mitzuteilen, daß er zu faul ist abzutrocken. Doch nicht nur textlich überschritt er nur selten die Grenzen des Allzualltäglichen. Souverän fand er immer den toten Winkel zwischen Folk und Rock.

Die Musik von Salas-Humara überwältigt durch pure Schlichtheit. Ihr Sound ist immer warm, die Instrumentierung meist transparent, und seine sanfte Stimme füllt die vielen kleinen Lücken, die Gitarre und Schlagzeug lassen. Die Songs strahlen eine ruhige Gelassenheit aus. Damit schließt Salas-Humara wahrscheinlich nicht unbewußt an große ländliche Traditionen Amerikas an, Gram Parsons kommt einem da in den Sinn oder die Flying Burrito Brothers.

Gäbe es so etwas wie weißen Soul, Country-Soul, müßte Salas- Humara wahrscheinlich als sein Erfinder Geschichte machen. Ohne daß man es näher erklären könnte, scheinen diese zerbrechlichen melancholischen Spinnweben, die Salas-Humara Songs zu nennen pflegt, seltsam zeitlos. Fast als wäre ihnen in die Stirn gebrannt: Diese Musik wird auch in zehn, zwanzig, fünfzig Jahren nichts von ihrer Kraft, von ihrer seelenvolle Stärke verloren haben. Vielleicht gerade deshalb, weil Alltagsgeschichten erzählt werden. Vielleicht auch nur, weil diese Musik mit ihrem überquellenden Sentiment schon heute konsequent neben den Zeiten steht. Thomas Winkler

Heute um 21 Uhr, Huxleys Junior, Hasenheide 108, Neukölln